Ubuntu auf dem Weg zum Core Desktop
Jon Seager, Canonicals Vice President of Engineering, gibt im Interview seiner Überzeugung Ausdruck, dass mittel- bis langfristig das Standard-Ubuntu, ein Core Desktop sein wird.
Jon Seager, Canonicals Vice President of Engineering, gibt im Interview seiner Überzeugung Ausdruck, dass mittel- bis langfristig das Standard-Ubuntu, ein Core Desktop sein wird.
Auf meinen privaten Linux-Installationen gehe ich Flatpak- und Snap-Paketen meistens aus dem Weg. Aber damit mir keiner vorwirft, ich sei zu altmodisch, mache ich hin und wieder doch die Probe auf Exempel: Wie gut funktionieren die neuen Paketsysteme? Meine Testkandidaten waren diesmal Fedora 42 sowie zwei Ubuntu-Installationen (25.04 und 25.10 daily), jeweils auf x86_64-Rechnern.
Red Hat setzt bekanntermaßen auf Flatpak als sekundäres Paketformat für Desktop-Pakete. Es gibt zwei Motiviationsgründe: Einerseits will Red Hat den Aufwand für die Wartung großer Pakete (LibreOffice, Gimp etc.) längerfristig reduzieren; andererseits soll die Software-Installation für Anwender einfacher werden, insbesondere für Programme, die nicht in den klassischen Paketquellen verfügbar sind.
In Fedora 42 sind Flatpaks optional. Per Default ist kein einziges Flatpak-Paket installiert. Die Flatpak-Infrastruktur ist aber vorkonfiguriert, inklusive zweier Paketquellen (flathub und fedora). Mit dem Gnome-Programm Software können Sie nach Desktop-Programmen suchen. Manche Programme stehen in mehreren Paketformaten zur Auswahl (z.B. Gimp wahlweise als RPM- oder Flatpak-Paket) — dann haben Sie die Wahl, welches Format Sie verwenden möchten. Außerhalb des Linux-Universums entwickelte Apps wie Google Chrome, IntelliJ, Postman, Spotify oder VSCode gibt es hingegen nur als Flatpaks.

Bei RHEL 10 ist die Ausgangssituation ähnlich wie bei Fedora: Die Infrastruktur ist da, aber es sind keine Flatpaks installiert. Falls Sie RHEL als Desktop-System verwenden möchten, ist der Druck hin zu Flatpak aber stärker. Beispielsweise bietet Red Hat LibreOffice nicht mehr als RPM-Paket, sondern nur als Flatpak an. (Für Fedora gilt dies noch nicht, d.h., Sie können LibreOffice weiterhin als RPM installieren. Schauen wir, wie lange das noch so bleibt …)
Mein »Referenztest« ist die Installation von Spotify in einem bisher leeren System (also ohne andere vorher installierte Flatpaks bzw. Snaps). Sie können die Installation in Software oder per Kommando durchführen. Ich ziehe zweiteres oft vor, damit ich sehe, was vor sich geht (Listing gekürzt):
sudo flatpak install flathub com.spotify.Client
Required runtime for com.spotify.Client/x86_64/stable found in remote
flathub. Do you want to install it? [Y/n]: y
...
org.freedesktop.Platform.GL.default 24.08 155 MB
org.freedesktop.Platform.GL.default 24.08extra 155 MB
org.freedesktop.Platform.Locale 24.08 382 MB (partial)
org.freedesktop.Platform.openh264 2.5.1 1 MB
org.freedesktop.Platform 24.08 261 MB
com.spotify.Client stable 208 MB
Für die Installation von Spotify ist ein Download von 1,6 GiB und Platz auf dem Datenträger im Umfang von 1,9 GiB erforderlich. Das ist einfach verrückt.
Einen Überblick über alle installierte Flatpaks samt Größenangaben erhalten Sie mit flatpak list -d. Das folgende Listing ist aus Platzgründen stark gekürzt. Irritierend ist, dass die Paketgrößen in keiner Weise mit den Angaben während der Installation übereinstimmen (siehe das vorige Listing).
flatpak list -d
com.spotify.Client 1.2.63.394 stable 14 MB
org.freedesktop.Platform 24.08.22 24.08 672 MB
org.freedesktop.Platform.GL.default 25.1.3 24.08 464 MB
org.freedesktop.Platform.GL.default 25.1.3 24.08extra 464 MB
org.freedesktop.Platform.openh264 2.5.1 2.5.1 1 MB
Flatpak-Installationen landen im Verzeichnis /var/lib/flatpak. Die unzähligen dort angelegten Verzeichnisse und Dateien verwenden UUIDs und hexadezimale Codes als Namen. Für die Installation von Spotify auf einem zuvor leeren Flatpak-System werden mehr als 46.000 Verzeichnisse, Dateien und Links mit einem Platzbedarf von 1,9 GiB eingerichtet. Es ist nicht lange her, da reichte das für eine ganze Linux-Distribution aus!
sudo du -h -d 0 /var/lib/flatpak/
1,9G /var/lib/flatpak/
sudo find /var/lib/flatpak | wc -l
46241
Immerhin teilen weitere Flatpaks die nun etablierte Infrastruktur von Bibliotheken und Basispakete, so dass der Platzbedarf bei der Installation weitere Flatpaks etwas langsamer steigt.
Beim Start beansprucht Spotify »nur« ca. 400 MiB im Arbeitsspeicher (gemessen mit free -m vor und nach dem Start des Audio-Players). Von den vielen installierten Bibliotheken wird also nur ein Bruchteil tatsächlich genutzt. Wenn Sie mit Ihren Ressourcen sparsamer umgehen wollen/müssen, führen Sie Spotify am einfachsten in einem Webbrowser aus :-)
Canonical hat Snap-Pakete bereits tief in der Ubuntu-Infrastruktur verankert. Bei Ubuntu 25.10 (daily 2025-07-31) sind
mehrere wichtige Desktop-Programme als Snap-Pakete vorinstalliert: Firefox, das App-Zentrum, der Firmware-Aktualisierer sowie ein relativ neues Security Center zur Verwaltung von Snap-Zugriffsrechten. Dazu kommen die dafür erforderlichen Basispakete. Immerhin ist der Platzbedarf auf der SSD mit 1,1 GByte spürbar geringer als bei vergleichbaren Flatpaks. Ein wenig frech erscheint mir, dass apt install thunderbird mittlerweile ungefragt zur Installation des entsprechenden Snap-Pakets führt.
Im Unterschied zu Flatpaks, die rein für Desktop-Installationen gedacht sind, bietet Canonical auch eine Menge Snap-Pakete für den Server-Einsatz an: https://snapcraft.io/store?categories=server
Zur Installation von Desktop-Snaps verwenden Sie das App-Zentrum. Als einzige Paketquelle ist https://snapcraft.io/store vorgesehen. Weil schon einige Basispakete vorinstalliert sind, ist die Installation eines weiteren Pakets nicht mit so riesigen Downloads wie beim konkurrierenden Flatpak-System verbunden.

Im Terminal administrieren Sie Snap durch das gleichnamige Kommando. Mit snap install installieren Sie ein neues Paket. snap list zählt alle installierten Snap-Anwendungen auf. snap run startet eine Anwendung, snap refresh aktualisiert alle Snap-Pakete, snap remove name löscht ein Paket.
Mein Referenztest ist wieder die Spotify-Installation. Zusammen mit spotify werden auch die Pakete core20 und gnome-3-38 heruntergeladen. Der Platzbedarf für alle drei Pakete beträgt ca. 600 MiB. (Der Vergleich hinkt aber, weil ja schon diverse Snap-Basispakete installiert sind.) Nach dem Start von Spotify sind ca. 320 MiB zusätzlich im RAM belegt.
sudo snap install spotify
spotify 1.2.63.394.g126b0d89 from Spotify installed
Die interne Verwaltung von Snaps erfolgt ganz anders als bei Flatpak. Snap-Anwendungen werden in Form von komprimierten *.snap-Dateien in /var/lib/snapd/snaps gespeichert:
ls -lh /var/lib/snapd/snaps
... 4,0K ... bare_5.snap
... 64M ... core20_2599.snap
... 74M ... core22_2045.snap
... 13M ... desktop-security-center_83.snap
... 246M ... firefox_6565.snap
... 12M ... firmware-updater_167.snap
... 350M ... gnome-3-38-2004_143.snap
... 517M ... gnome-42-2204_202.snap
... 92M ... gtk-common-themes_1535.snap
... 4,0K ... partial
... 15M ... prompting-client_104.snap
... 51M ... snapd_25227.snap
... 51M ... snapd_25241.snap
... 576K ... snapd-desktop-integration_315.snap
... 11M ... snap-store_1270.snap
... 190M ... spotify_88.snap
Der im Hintergrund laufende Snap-Dämon snapd bindet diese Dateien als squashfs-Dateisysteme an der Stelle /snap/xxx in den Verzeichnisbaum ein und macht die Anwendungen so zugänglich (alle Größenangaben in MiB):
sudo du -mcs /snap/*
210 /snap/core20
248 /snap/core22
30 /snap/desktop-security-center
644 /snap/firefox
35 /snap/firmware-updater
903 /snap/gnome-3-38-2004
1294 /snap/gnome-42-2204
360 /snap/gtk-common-themes
417 /snap/spotify
...

Im Vergleich zu Flatpak sparen die komprimierten Flat-Images zwar Platz auf dem Datenträger. Allerdings speichert
Snap standardmäßig von jedem installierten Paket ein Backup mit der vorigen Version. Im Laufe der Zeit verdoppelt das den von Snap beanspruchten Speicherplatz! Um nicht mehr benötigte Pakete zu löschen, verfassen Sie das folgende Mini-Script. export LANG= stellt dabei die Spracheinstellungen zurück, damit die Ausgaben von snap in englischer Sprache erfolgen. Das Script entfernt alle Snap-Pakete, deren Status disabled ist.
#!/bin/bash
# Datei ~/bin/delete-snap-crap.sh
# Idee: https://superuser.com/questions/1310825
export LANG=
snap list --all | awk '/disabled/{print $1, $3}' |
while read snapname revision; do
snap remove "$snapname" --revision="$revision"
done
Dieses Script führen Sie mit root-Rechten aus:
sudo bash delete-snap-crap.sh
Auf einem Testsystem mit diversen Snap-Paketen (Firefox, Gimp, LibreOffice, Nextcloud Client, VSCode) sank mit der Ausführung dieses Scripts der Platzbedarf in /var/lib/snapd/snaps von 7,6 auf 4,0 GiB.
Spotify bietet seinen Client auch als Paket für Debian/Ubuntu an: https://www.spotify.com/us/download/linux/
Also habe ich einen Vergleich gemacht.
Download: ca. 150 MB
Platzbedarf auf der SSD: ca. 340 MB
RAM-Bedarf: ca. 350 MB
Fazit: RAM-Bedarf ist bei allen drei Varianten ähnlich, aber die RPM-Variante braucht weniger Platz am Datenträger.
Ich sehe die Probleme, die herkömmliche Paketformate verursachen.
Ich verstehe auch den Wunsch nach einem universellem Paketformat, das für alle Distributionen funktioniert, das aus Anwendersicht einfach zu nutzen und das für den Software-Anbieter mit überschaubarem Wartungsaufwand verbunden ist.
Aus meiner Sicht bieten allerdings weder Flatpak noch Snap eine optimale Lösung für diese Probleme/Wünsche. Diese Erkenntnis ist nicht neu, ich habe sie in diesem Blog schon mehrfach formuliert. Die Weiterentwicklung beider Formate in den letzten Jahren hat diesbezüglich leider keine spürbaren Verbesserungen mit sich gebracht.
Bei Flatpak sind die Paketgrößen einfach absurd. Bei Snap sind sie auch zu groß, aber es ist nicht ganz so schlimm — zumindest, wenn alle Doppelgänger regelmäßig entfernt werden. Allerdings ist der Snap Store (also die Paketquelle) Closed Source, was die ohnedies schon geringe Akzeptanz nicht verbessert. Das Software-Angebot im Snap Store ist zwar größer als das auf Flathub, aber ich sehe dennoch die Gefahr, dass das Snap-Format eine Insellösung bleibt und Canonical auch mit dieser Eigenentwicklung Schiffbruch erleidet (ich sage nur Upstart Init System, Unity Desktop, Mir Display Server). Während Flatpaks außerhalb der Red-Hat-Welt zumindest als Option genutzt werden, scheint keine Distribution außer Ubuntu etwas mit Snaps zu tun haben wollen.
Letztlich ist meine Meinung natürlich irrelevant. Ubuntu ist aus meiner Sicht nach wie vor eine attraktive Distribution, sowohl am Desktop als auch am Server. Wer Ubuntu verwenden will, muss eben in den Snap-Apfel beißen. Auf einem Rechner mit einer ausreichend großen SSD und genug RAM funktioniert das gut.
Es ist unklar, ob Red Hat sein Flatpak-Format genauso vehement durchsetzen wird. Bis jetzt sieht es nicht so aus, aber es würde mich nicht überraschen, wenn auch Red Hat irgendwann keine Lust mehr hat, eigene RPM-Pakete für Firefox, Thunderbird, Gimp, Libreoffice usw. zu pflegen und parallel für diverse Distributionen (aktuell: RHEL 8/9/10, Fedora 40/41/42/Rawhide etc.) zu warten.
Vielleicht wir man sich / werde ich mic an den verrückten Ressourcenbedarf neuer Paketsysteme gewöhnen. Auf einem Rechner mit 32 GB RAM und 1 TB SSD — keine ungewöhnlichen Eckdaten heutzutage — spielen 10 GB mehr oder weniger für ein paar Flatpaks oder Snap-Pakete ja keine große Rolle … Mir widerspricht es trotzdem: Wenn es möglich ist, ein Auto zu bauen, das mit 5 Liter Treibstoff pro 100 km auskommt, warum dann eines verwenden, das 8 Liter braucht?
Flatpaks
Snap
Diskussion auf mastadon
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Mit diesem Beitrag und diesem Video möchte ich zeigen, welche Maßnahmen ich auf einem Ubuntu 24.04 System ergreife, um es nach meinen Bedürfnissen anzupassen. Dazu zählen z.B. Snap durch Flatpak zu ersetzen, wie ich Apps installiere, welche Apps und was ich so an Feinschliff für einen Ubuntu Desktop bei mir selbst anwende und wie ich […]
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Canonical treibt die Umstellung der Softwarepakete vom traditionellen Debian Paketformat ins hauseigene Snap Containerformat voran. In Ubuntu 24.04 LTS wird der E-Mail Client Thunderbird exklusiv als Snap-Paket angeboten. Dies deutete sich bereits in den Vorversionen an. Ubuntu 22.04 LTS kam noch mit einem Debian Paket. Ubuntu 23.10 bot bereits ein Snap Paket an, welches aus...
Der Beitrag Ubuntu 24.04 treibt die Debian Paket zu Snap Transformation voran erschien zuerst auf MichlFranken.
Canonical treibt die Umstellung der Softwarepakete vom traditionellen Debian Paketformat ins hauseigene Snap Containerformat voran. In Ubuntu 24.04 LTS wird der E-Mail Client Thunderbird exklusiv als Snap-Paket angeboten. Dies deutete sich bereits in den Vorversionen an. Ubuntu 22.04 LTS kam noch mit einem Debian Paket. Ubuntu 23.10 bot bereits ein Snap Paket an, welches aus...
Der Beitrag Ubuntu 24.04 treibt die Debian Paket zu Snap Transformation voran erschien zuerst auf MichlFranken.
Der E-Mail-Client Thunderbird soll mit Ubuntu 24.04 LTS »Noble Numbat« als Snap verteilt werden. Ob das Debian-Paket weiterhin verfügbar bleibt, ist derzeit unklar.
Nachdem Hasskommentare in der ukrainischen Übersetzungsdateien entfernt wurden (siehe auch omgubuntu.co.uk), steht das ISO-Image von Ubuntu 23.10 »Mantic Minotaur« wieder zum Download zur Verfügung. Die neueste Version von Ubuntu ist das letzte Release vor der nächsten LTS-Version — und insofern besonders interessant: »Mantic Minotaur« vermittelt eine erste Vorstellung, wie Ubuntu LTS die nächsten Jahre prägen wird.
Updates: 14.11.2023, Netplan
Ich habe die Installation diesmal nur in virtuellen Maschinen getestet. Zumindest dort hat das neue Installationsprogramm problemlos funktioniert — auf jeden Fall besser als in Version 23.04, in der das Installationsprogramm erstmalig zum Einsatz kam. Die für die meisten Nutzer wichtigste Neuerung besteht darin, dass nun standardmäßig eine »Minimalinstallation« durchgeführt wird — ohne LibreOffice, Thunderbird, Foto-Verwaltung, Audio-Player usw.

Grundsätzlich mag ich diesen Minimalismus. Bei der Installation der fehlenden Programme hilft das mit der Bibliothek Flutter neu implementierte »App Center«, dessen Versionsnummer 1.0.0-alpha lautet. 1.0.0 klingt an sich schon abschreckend, »alpha« macht es noch schlimmer. Bei meinen Tests sind aber erfreulicherweise keine Probleme aufgetreten. Im App Center führt Entdecken / Jump start your desktop in die Sammlung Ubuntu Desktop, die auf bisher vorinstallierte Pakete verweist.

Eines sollte Ihnen aber klar sein: Anders als manche Tester von Ubuntu 23.10 geschrieben haben, werden mit dem App Center ausschließlich Snap-Pakete installiert. Ob das gewünschte Programm auch im Debian-Format zur Verfügung steht oder nicht, spielt keine Rolle. Für das App Center gilt Snap only. Falls Sie Debian-Pakete vorziehen, müssen Sie diese nun im Terminal mit apt suchen und installieren (also z.B. apt install gimp). In Ubuntu gibt es keine (vorinstallierte) grafischer Oberfläche mehr, um Debian-Pakete zu installieren.
Das App Center ist auch insofern ein Rückschritt, als es nicht in der Lage ist, heruntergeladene Debian-Pakete zu installieren. Wenn Sie im Webbrowser die gerade heruntergeladene *.deb-Datei anklicken, erhalten Sie die Fehlermeldung, dass es kein (grafisches) Programm zur Verarbeitung von *.deb-Dateien gibt. Sie müssen die Installation wie folgt durchführen:
sudo apt install ~/Downloads/name.deb
Ich habe in der Vergangenheit oft über den immensen Platzbedarf von Snap-Paketen geschimpft, sowohl auf der SSD als auch (nach dem Start) im Arbeitsspeicher. Für diesen Artikel wollte ich diese Aussagen mit neuem Zahlenmaterial untermauern, bin aber auf überraschende Ergebnisse gestoßen.
Die neue »Minimalinstallation« beansprucht 4,7 GByte Platz auf der SSD. Nicht mitgerechnet ist dabei die Swap-Datei /swap.img. Das Installationsprogramm richtet diese Datei je nach Hardware sehr großzügig ein (bei meinen Tests mit 3,9 GiB). Tipps, wie Sie die Swap-Datei bei Bedarf verkleinern können, folgen gleich.
Der Snap-Anteil nach einer Minimalinstallation beträgt ca. 1 GByte:
du -h -d 0 /var/lib/snapd/
970M /var/lib/snapd/
snap list
Name Version Revision Tracking Herausgeber Hinweise
bare 1.0 5 latest/stable canonical✓ base
core22 20230801 864 latest/stable canonical✓ base
firefox 118.0.1-1 3216 latest/stable/… mozilla✓ -
firmware-updater 0+git.e8771be 109 latest/stable/… canonical✓ -
gnome-42-2204 0+git.ff35a85 141 latest/stable/… canonical✓ -
gtk-common-themes 0.1-81-g442e511 1535 latest/stable/… canonical✓ -
snap-store 0+git.e118b05 1046 latest/stable/… canonical✓ -
snapd 2.60.4 20290 latest/stable canonical✓ snapd
snapd-desktop-integration 0.9 83 latest/stable/… canonical✓ -
ls -lhS /var/lib/snapd/snaps/
-rw------- 2 root root 497M Okt 16 12:41 gnome-42-2204_141.snap
-rw------- 2 root root 241M Okt 16 12:40 firefox_3216.snap
-rw------- 2 root root 92M Okt 16 12:41 gtk-common-themes_1535.snap
-rw------- 2 root root 74M Okt 16 12:41 core22_864.snap
-rw------- 2 root root 41M Okt 16 12:41 snapd_20290.snap
-rw------- 2 root root 12M Okt 16 12:41 firmware-updater_109.snap
-rw------- 2 root root 11M Okt 16 12:41 snap-store_1046.snap
...
Ich habe nun alle Snaps aus der Rubrik Ubuntu Desktop installiert, also LibreOffice, Thunderbird, Shotwell usw., insgesamt 10 Pakete. Der Platzbedarf der Snaps steigt auf 2,8 GByte:
du -h -d 0 /var/lib/snapd/
2,8G /var/lib/snapd/
ls -lhS /var/lib/snapd/snaps/
-rw------- 2 root root 1,1G Okt 18 08:39 libreoffice_300.snap
-rw------- 2 root root 497M Okt 16 12:41 gnome-42-2204_141.snap
-rw------- 2 root root 350M Okt 18 08:38 gnome-3-38-2004_143.snap
-rw------- 2 root root 241M Okt 16 12:40 firefox_3216.snap
-rw------- 2 root root 153M Okt 18 08:37 remmina_6117.snap
-rw------- 2 root root 105M Okt 18 08:35 thunderbird_395.snap
-rw------- 2 root root 92M Okt 16 12:41 gtk-common-themes_1535.snap
-rw------- 2 root root 74M Okt 16 12:41 core22_864.snap
-rw------- 2 root root 64M Okt 18 08:35 core20_2015.snap
-rw------- 2 root root 45M Okt 18 08:35 shotwell_7.snap
-rw------- 2 root root 41M Okt 16 12:41 snapd_20290.snap
-rw------- 2 root root 36M Okt 18 08:35 cheese_37.snap
-rw------- 2 root root 14M Okt 18 08:35 gnome-calendar_182.snap
-rw------- 2 root root 12M Okt 16 12:41 firmware-updater_109.snap
-rw------- 2 root root 11M Okt 16 12:41 snap-store_1046.snap
-rw------- 2 root root 4,3M Okt 18 08:35 transmission_54.snap
-rw------- 2 root root 3,6M Okt 18 08:35 gnome-mahjongg_170.snap
...
Der RAM-Bedarf des Ubuntu-Desktops im Leerlauf mit einem Terminal-Fenster und dem Programm Systemüberwachung beträgt laut free -h ca. 1,2 GByte. Nun habe ich Firefox (ca. 8 Sekunden), Shotwell (wieder 8 Sekunden) und LibreOffice Writer (20 Sekunden) gestartet, ohne darin aktiv zu arbeiten. Alle Tests habe ich in einer virtuellen Maschine mit 2 CPU-Cores und 4 GiB RAM durchgeführt. Auf echter Hardware sind schnellere Startzeiten zu erwarten.
Der Speicherbedarf im RAM steigt dann auf moderate 1,9 GByte an.
Kurz und gut: Der Platzbedarf von Snap-Paketen sowohl auf dem Datenträger als auch im Arbeitsspeicher ist beträchtlich, aber er ist nicht mehr so exorbitant hoch wie früher. Und je mehr Snap-Pakete parallel installiert werden, desto geringer ist der gemeinschaftliche Overhead durch die Parallelinstallation diverser Bibliotheken. (Unter Ubuntu 23.10 ist Gnome 45 installiert. Aber damit alle Snap-Pakete der Kategorie Ubuntu Desktop ausgeführt werden können, ist parallel dazu auch Gnome 42 und Gnome 3.38 erforderlich — siehe das obige Listing.)
Die Startzeiten von Programmen sind weiterhin etwas höher als bei einer gleichwertigen Installation durch Debian-Pakete, aber damit kann ich mich abfinden. Canonical hat seine Snap-Infrastruktur also in den vergangenen Jahren schrittweise verbessert. Sie funktioniert nun spürbar besser als in den ersten Versionen.
Als wichtigster Kritikpunkt bleibt der proprietäre Snap Store, der alleine durch Canonical verwaltet wird. Alternative Snap-Paketquellen sind nicht vorgesehen (ganz im Gegensatz zu Red Hats Flatpak-System).
Sie können die Swap-Datei bei Bedarf Ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend verkleinern:
sudo swapoff /swap.img
sudo rm /swap.img
sudo dd count=1024 bs=1M if=/dev/zero of=/swap.img # 1024 x 1 MiB = 1 GiB
sudo chmod 600 /swap.img
sudo mkswap /swap.img
sudo swapon /swap.img
Canonical wollte CUPS eigentlich in ein Snap-Paket umbauen (siehe openprinting.github.io) und in dieser Form in Ubuntu integrieren. Aufgrund technischer Probleme ist dieses Vorhaben nun voraussichtlich bis Version 24.10 verschoben. Die LTS-Version 24.04 ist für derartige Experimente nicht so gut geeignet.
Technisch sehr interessant ist Canonicals Konzept, die Verschlüsselung des Datenträgers mittels TPM (Trusted Platform Modules, also in die CPU eingebaute Kryptografie-Funktionen) abzusichern. Unter Windows, macOS, iOS und Android ist dies längst eine Selbstverständlichkeit. Mangels geeigneter Hardware habe ich diese Funktionen allerdings nicht testen können.
Aktuell bezeichnet die Dokumentation dieses Feature zudem noch als experimentell. Es wird nur ausgewählte TPM-Hardware unterstützt. Die Implementierung basiert (natürlich) auf Snap-Paketen für den Bootloader und den Kernel. Proprietäre Kernel-Module (NVIDIA) können nicht verwendet werden. Soweit ich das Konzept verstanden habe, muss das Verschlüsselungspasswort weiterhin eingegeben werden, d.h. das Hochfahren und Authentifizieren nur per Fingerabdruck ist nicht möglich. Oder, anders formuliert: Das Boot-Konzept wird sicherer, aber nicht komfortabler.
Ubuntu verwendet mit Netplan seit 2016 ein selbst entwickeltes System zur Administration der Netzwerkverbindungen. Netplan ist vor allem bei Server-Installationen wichtig, wo es eine zentrale Rolle einnimmt. Am Desktop delegiert Netplan die Kontrolle über die WLAN-Schnittstellen dagegen an den NetworkManager. Insofern haben Desktop-Anwender Netplan nie bemerkt.
Grundsätzlich ändert sich daran auch mit Version 23.10 nichts. Neu ist aber, dass die Kommunikation zwischen dem NetworkManager und Netplan nicht länger eine Einbahnstraße ist. Bisher wusste Netplan nichts von den durch den NetworkManager verwalteten Netzwerkverbindungen. Laut dem Ubuntu Blog hat sich das mit Version 23.10 geändert: Vom NetworkManager eingerichtete Verbindungen werden nun in /etc/netplan gespeichert (und nicht mehr in /etc/NetworkManager/system-connections/). Dabei kommt die Netplan-eigene Syntax für Konfigurationsdateien zum Einsatz. Bei einem Update von älteren Ubuntu-Versionen werden vorhandene WLAN-Verbindungen automatisch nach /etc/netplan migriert.
Ubuntu 23.10 verwendet Gnome 45 als Desktop. Mehrere vorinstallierte Shell Extensions (Desktop Icons, Ubuntu AppIndicators, Ubuntu Dock und Ubuntu Tiling Assistand) stellen sinnvolle Zusatzfunktionen zur Verfügung:
Fenster können so verschoben werden, dass diese ein Bildschirmviertel ausfüllen (Quarter Tiling). Außerdem gibt es einige fortgeschrittene Tiling-Funktionen. (Gnome ohne Erweiterungen kennt bekanntermaßen nur Bildschirmhälften, was auf einem großen Monitor mager ist.)
Auf dem Desktop können Icons dargestellt werden.
Ältere Gnome-Programme können Indikator-Icons im Panel darstellen.

Basis Desktop Programmierung Server
--------------- ------------------ --------------- --------------
Kernel 6.5 Gnome 45 bash 5.2 Apache 2.4
glibc 2.38 Gimp 2.10 docker.io 20.10 CUPS 2.4
X-Server 21.1 LibreOffice 7.6 gcc 13 MariaDB 10.11
Wayland 1.22 git 2.40 MySQL 8.0
Mesa 23.2 Java 17 OpenSSH 9.3
Systemd 252 PHP 8.2 qemu/KVM 8.0
NetworkMan 1.44 Python 3.11 Postfix 3.8
GRUB 2.12 Samba 4.18
Der Fokus auf Snap macht es nicht immer ganz klar, wo welches Paket zu suchen ist. Gimp, LibreOffice, aber auch Docker (!) können als Snap-Pakete installiert werden. Programmiersprachen wie C, Java, Python oder PHP (Ausnahme: Go, siehe Kommentare) sowie Server-Anwendungen wie Apache, MySQL oder Samba sind vorerst noch gewöhnliche Debian-Pakete.
Ubuntu 23.10 läuft auch auf dem nagelneuen Raspberry Pi 5. Einen diesbezüglichen Test habe ich schon vor ein paar Tagen veröffentlicht.
Aus meiner Sicht ist und bleibt Ubuntu die erste Anlaufstelle für Linux-Einsteiger. Der Desktop ist optisch ansprechend, Gnome Shell Extensions helfen dort nach, wo Gnome Defizite hat. In ganz vielen Fällen gilt: It just works.
Allerdings hat sich Canonical — allen Widerständen zum Trotz — dazu entschieden, voll auf das eigene Snap-Paketformat zu setzen. Grundsätzlich funktioniert das gut. Aus der Sicht von Canonical ist es natürlich toll, nur ein Paket für verschiedene Ubuntu-Releases warten zu müssen — und die Paket-Version losgelöst von der Ubuntu-Version auch aktualisieren zu können. Canonical kann also durch die Änderung eines Pakets ein LibreOffice-Update auf das nächste Major-Release für alle gerade aktiven Ubuntu-Versionen durchführen. Diesem Vorteil steht anwenderseitig ein — sagen wir mal — großzügiger Umgang mit Ressourcen gegenüber.
Bisher konnte man als erfahrener Ubuntu-Anwender Snap-Paketen aus dem Weg gehen, also snap deinstallieren und anstelle von Snap-Paketen gleichwertige Debian-Pakete installieren. Das wird zunehmend unmöglich, und das ist letztlich auch der falsche Denkansatz. Vielmehr gilt: Wer Ubuntu sagt, muss auch Snap sagen. Und wer das nicht will, muss sich von Ubuntu verabschieden.
Ich bin deswegen auf ArchLinux umgestiegen und habe es nicht bereut. Für Linux-Einsteiger, die dem Snap-Kosmos misstrauisch gegenüberstehen, sind Debian oder Linux Mint einfachere Alternativen. Wenn Sie dagegen keine ideologischen Einwände gegen Snap haben und einen ordentlichen Rechner besitzen, ist Ubuntu samt Snap eine runde Sache.
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