SSH-Server mit 2FA-Login
Der SSH-Dienst ist ein natürliches Angriffsziel jedes Servers. Klassische Abwehrmaßnahmen zielen darauf aus, den root-Login zu sperren (das sollte eine Selbstverständlichkeit sein) und mit Fail2ban wiederholte Login-Versuche zu blockieren. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme besteht darin, den Passwort-Login mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) zu verbinden. Am einfachsten gelingt das server-seitig mit dem Programm google-authenticator
. Zusätzlich zum Passwort muss nun ein One-time Password (OTP) angegeben werden, das mit einer entsprechenden App generiert wird. Es gibt mehrere geeignete Apps, unter anderem Google Authenticator und Authy (beide kostenlos und werbefrei).
Es gibt verschiedene Konfigurationsoptionen. Ziel dieser Anleitung ist es, parallel zwei Authentifizierungsvarianten anzubieten:
- mit SSH-Schlüssel (ohne 2FA)
- mit Passwort und One-time Password (also mit 2FA)

Grundlagen: sshd-Konfiguration
Vorweg einige Worte zu Konfiguration des SSH-Servers. Diese erfolgt durch die folgenden Dateien:
/etc/ssh/sshd_config
/etc/ssh/sshd_config.d/*.conf
/etc/crypto-policies/back-ends/opensshserver.config (nur RHEL)
Verwechseln Sie sshd_config
nicht mit ssh_config
(ohne d
) für die Konfiguration des SSH-Clients, also für die Programme ssh
und scp
! opensshserver.config
legt fest, welche Verschlüsselungsalgorithmen erlaubt sind.
Beachten Sie, dass bei Optionen, die in den sshd
-Konfigurationsdateien mehrfach eingestellt sind, der erste Eintrag gilt (nicht der letzte)! Das gilt auch für Einstellungen, die am Beginn von sshd_config
mit Include
aus dem Unterverzeichnis /etc/ssh/sshd_config.d/
gelesen werden und die somit Vorrang gegenüber sshd_config
haben.
Werfen Sie bei Konfigurationsproblemen unbedingt auch einen Blick in das oft übersehene sshd_config.d
-Verzeichnis und vermeiden Sie Mehrfacheinträge für ein Schlüsselwort!
Weil die Dateien aus /etc/ssh/sshd_config.d/
Vorrang gegenüber sshd_config
haben, besteht eine Konfigurationsstrategie darin, sshd_config
gar nicht anzurühren und stattdessen alle eigenen Einstellungen in einer eigenen Datei (z.B. sshd_config.d/00-myown.conf
) zu speichern. 00
am Beginn des Dateinamens stellt sicher, dass die Datei vor allen anderen Konfigurationsdateien gelesen wird.
Überprüfen Sie bei Konfigurationsproblemen mit sshd -T
, ob die Konfiguration Fehler enthält. Wenn es keine Konflikte gibt, liefert sshd -T
eine Auflistung aller aktuell gültigen Einstellungen. Die Optionen werden dabei in Kleinbuchstaben angezeigt. Mit grep -i
können Sie die für Sie relevante Einstellung suchen:
sshd -T | grep -i permitro
permitrootlogin yes
Änderungen an sshd_config
werden erst wirksam, wenn der SSH-Server die Konfiguration neu einliest. Dazu führen Sie das folgende Kommando aus:
systemctl reload sshd # RHEL
systemctl reload ssh # Debian, Ubuntu
google-authenticator einrichten
Google Authenticator bezeichnet zwei unterschiedliche Programme: einerseits die App, die sowohl für iOS als auch für Android verfügbar ist, andererseits ein Linux-Kommando, um die 2FA auf einem Linux-Server einzurichten. Während der Code für die Smartphone-Apps nicht öffentlich ist, handelt es sich bei dem Linux-Kommando um Open-Source-Code. Das resultierende Paket steht für RHEL-Distributionen in der EPEL-Paketquelle zur Verfügung, bei Ubuntu in universe.
dnf install google-authenticator qrencode # RHEL + EPEL
apt install libpam-google-authenticator # Debian, Ubuntu
Nach der Installation führen Sie für den Account, als der Sie sich später via SSH anmelden möchten (also nicht für root
), das Programm google-authenticator
aus. Nachdem Sie den im Terminal angezeigten QR-Code gescannt haben, sollten Sie zur Kontrolle sofort das erste OTP eingeben. Sämtliche Rückfragen können Sie mit y
beantworten. Die Rückfragen entfallen, wenn Sie das Kommando mit den Optionen -t -d -f -r 3 -R 30 -W
ausführen. Das Programm richtet die Datei .google-authenticator
im Heimatverzeichnis ein.
user$ google-authenticator
Do you want authentication tokens to be time-based (y/n)
Enter code from app (-1 to skip): nnnnnn
Do you want me to update your .google_authenticator file? (y/n)
Do you want to disallow multiple uses of the same
authentication token? (y/n)
...

SSH-Server-Konfiguration
Das nächste Listing zeigt die erforderlichen sshd
-Einstellungen. Mit der Methode keyboard-interactive
wird PAM für die Authentifizierung verwendet, wobei auch eine mehrstufige Kommunikation erlaubt ist. Die ebenfalls erforderliche Einstellung UsePAM yes
gilt bei den meisten Linux-Distributionen standardmäßig. Am besten speichern Sie die folgenden Zeilen in der neuen Datei /etc/ssh/sshd_config.d/00-2fa.conf
. Diese wird am Beginn der sshd-Konfiguration gelesen und hat damit Vorrang gegenüber anderen Einstellungen.
# Datei /etc/ssh/sshd_config.d/00-2fa.conf
UsePAM yes
PasswordAuthentication yes
PubkeyAuthentication yes
ChallengeResponseAuthentication yes
# Authentifizierung wahlweise nur per SSH-Key oder
# mit Passwort + OTP
AuthenticationMethods publickey keyboard-interactive
PAM-Konfiguration
Der zweite Teil der Konfiguration erfolgt in /etc/pam.d/sshd
. Am Ende dieser Datei fügen Sie eine Zeile hinzu, die zusätzlich zu allen anderen Regeln, also zusätzlich zur korrekten Angabe des Account-Passworts, die erfolgreiche Authentifizierung durch das Google-Authenticator-Modul verlangt:
# am Ende von /etc/pam.d/sshd (Debian, Ubuntu)
...
# Authenticator-Zifferncode zwingend erforderlich
auth required pam_google_authenticator.so
Alternativ ist auch die folgende Einstellung mit dem zusätzlichen Schlüsselwort nullok
denkbar. Damit akzeptieren Sie einen Login ohne 2FA für Accounts, bei denen Google Authenticator noch nicht eingerichtet wurde. Sicherheitstechnisch ist das natürlich nicht optimal — aber es vereinfacht das Einrichten neuer Accounts ganz wesentlich.
# am Ende von /etc/pam.d/sshd (Debian, Ubuntu)
...
# Authenticator-Zifferncode nur erforderlich, wenn
# Google Authenticator für den Account eingerichtet wurde
auth required pam_google_authenticator.so nullok
Wenn Sie RHEL oder einen Klon verwenden, sieht die PAM-Konfiguration ein wenig anders aus. SELinux verbietet dem SSH-Server Zugriff auf Dateien außerhalb des .ssh
-Verzeichnisses. Deswegen müssen Sie die Datei .google-authenticator
vom Home-Verzeichnis in das Unterverzeichnis .ssh
verschieben. restorecon
stellt sicher, dass der SELinux-Kontext für alle Dateien im .ssh
-Verzeichnis korrekt ist.
user$ mv .google-authenticator .ssh/ (nur unter RHEL!)
user$ restorecon .ssh
In der Zeile auth required
übergeben Sie nun als zusätzliche Option den geänderten Ort von .google-authenticator
. Falls Sie die nullok
-Option verwenden möchten, fügen Sie dieses Schlüsselwort ganz am Ende hinzu.
# am Ende von /etc/pam.d/sshd (RHEL & Co.)
...
auth required pam_google_authenticator.so secret=/home/${USER}/.ssh/.google_authenticator
Test und Fehlersuche
Passen Sie auf, dass Sie sich nicht aus Ihrem Server aussperren! Probieren Sie das Verfahren zuerst in einer virtuellen Maschine aus, nicht auf einem realen Server!
Vergessen Sie nicht, die durchgeführten Änderungen zu aktivieren. Vor ersten Tests ist es zweckmäßig, eine SSH-Verbindung offen zu lassen, damit Sie bei Problemen die Einstellungen korrigieren können.
sshd -T # Syntaxtest
systemctl reload sshd # RHEL
systemctl reload ssh # Debian + Ubuntu
Bei meinen Tests hat sich die Google-Authenticator-Konfiguration speziell unter RHEL als ziemlich zickig erwiesen. Beim Debugging können Sie client-seitig mit ssh -v
, server-seitig mit journalctl -u sshd
nach Fehlermeldungen suchen.
Die Anwendung von Google Authenticator setzt voraus, dass die Uhrzeit auf dem Server korrekt eingestellt ist. Die One-Time-Passwords gelten nur in einem 90-Sekunden-Fenster! Das sollten Sie insbesondere bei Tests in virtuellen Maschinen beachten, wo diese Bedingung mitunter nicht erfüllt ist (z.B. wenn die virtuelle Maschine pausiert wurde). Stellen Sie die Zeit anschließend neu ein, oder starten Sie die virtuelle Maschine neu!
Was ist, wenn das Smartphone verlorengeht?
Für den Fall, dass das Smartphone und damit die zweite Authentifizierungsquelle verlorengeht, zeigt das Kommando google-authenticator
bei der Ausführung fünf Ziffernfolgen an, die Sie einmalig für einen Login verwendet können. Diese Codes müssen Sie notieren und an einem sicheren Ort aufbewahren — dann gibt es im Notfall einen »Plan B«. (Die Codes sind auch in der Datei .google_authenticator
enthalten. Auf diese Datei können Sie aber natürlich nicht mehr zugreifen, wenn Sie keine Login-Möglichkeit mehr haben.)
Deutlich entspannter ist der Admin-Alltag mit der schon erwähnten App Authy. Diese kann die 2FA-Konfiguration in der Cloud speichern und mit einem weiteren Gerät synchronisieren. Das mindert die Angst vor dem Smartphone-Verlust erheblich. Allerdings werden die Accountdaten auf einem Server der Firma Twilio gespeichert. Die Daten werden zwar mit einem von Ihnen zu wählenden Passwort verschlüsselt, aber es lässt sich nicht kontrollieren, wie sicher das Verfahren ist und ob es den Authy-Betreibern Zugriff auf Ihre Daten gewährt oder nicht.
Die Frage ist also, ob Sie Authy bzw. der dahinterstehenden Firma Twilio vertrauen. Das Geschäftsmodell der 2007 gegründeten Firma liegt im Verkauf bzw. der Integration von Authentifizierungslösungen. Soweit man den Internetberichten trauen kann, ist die Firma seriös. Dennoch gilt: Sie erkaufen den von Authy gebotenen Komfort mit einer reduzierten Sicherheit, wobei nicht abzuschätzen ist, wie groß der Sicherheitsverlust tatsächlich ist. Andererseits erscheint es mir aber auch riskant, den zweiten Faktor ausschließlich mit einem kurzlebigen Smartphone zu verbinden.
Sicherheits- und Privacy-Bedenken
Authenticator-Apps funktionieren prinzipiell rein lokal. Weder der beim Einrichten erforderliche Schlüssel bzw. QR-Code noch die ständig generierten Einmalcodes müssen auf einen Server übertragen werden. Die Apps implementieren den öffentlich standardisierten HMAC-based One-Time Password Algorithmus (OATH-HOTP).
Allerdings bieten einige OTP-Apps die Möglichkeit, die Account-Einträge über ein Cloud-Service zu sichern (siehe oben). Diese Cloud-Speicherung ist aber auch eine mögliche Sicherheitsschwachstelle. Google Authenticator setzt stattdessen auf lokale Import- und Export-Funktionen.
Davon losgelöst gilt wie bei jeder App: Sie müssen der Firma vertrauen, die die App entwickelt hat. Der Code der App Google Authenticator war ursprünglich als Open-Source verfügbar, seit 2020 ist das aber nicht mehr der Fall.