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Debian 12 »Bookworm«

17. Juni 2023 um 18:33

Debian 12 »Bookworm« vervollständigt den Distributionsreigen der letzten Monate. Debian wird ca. alle zwei Jahre aktualisiert. Die nun präsentierte Version zeichnet sich vor allem durch Software-Updates und ein paar technische Neuerungen aus. Erfreulich ist, dass die für den Betrieb von Netzwerk-Adaptern und anderen Hardware-Komponenten erforderliche Firmware-Dateien nun gleich mitgeliefert wird. Diese pragmatische Entscheidung des Debian-Entwicklerteams erleichtert die Installation von Debian auf aktuellen Notebooks. Davon abgesehen hat sich am Installations-Programm nur wenig geändert. Wenn man die Logik der Dialoge einmal kennt bzw. verstanden hat, lässt sich das Programm aber sehr effizient bedienen. Selbst komplexe Setups inklusive LVM, RAID und Verschlüsselung sind kein Problem.

Das Debian-Installationsprogramm ist optisch keine Glanzleistung, funktioniert dafür aber ausgezeichnet

Während der Installation haben Sie die Wahl zwischen mehreren Desktop-Systemen (Gnome, KDE, XFCE etc.). Ich habe meine Tests mit Gnome durchgeführt.

Debian 12 mit Gnome-43-Desktop

Versionsnummern

Basis             Desktop             Programmierung   Server
---------------   ------------------  ---------------  --------------
Kernel      6.1   Gnome          43   bash        5.2   Apache     2.4
glibc      2.36   Gimp         2.10   docker.io 20.10   CUPS       2.4
X-Server   21.1   LibreOffice   7.4   gcc        12.2   MariaDB  10.11
Wayland    1.21                       git        2.39   OpenSSH    9.2
Mesa       22.3                       Java         17   qemu/KVM   7.2
Systemd     252                       PHP         8.2   Postfix    3.7
NetworkMan 1.42                       Podman      4.3   Samba     4.17
GRUB       2.06                       Python     3.11                  

Generell ist festzustellen, dass die Versionsnummern — eigentlich untypisch für Debian — erfreulich aktuell sind. Insbesondere gilt dies für MariaDB und PHP. Gerade bei MariaDB liefern die meisten anderen Distributionen Uralt-Versionen aus. Debian macht es hier besser! (MySQL fehlt dafür.)

Plattformen (Architekturen)

Debian 12 steht (unverändert im Vergleich zu Debian 11) für die folgenden Plattformen zur Verfügung:

  • Standard-PCs: i386 und amd64
  • ARM: arm64, armhf, armel
  • MIPS: mipsel, mips64el
  • PowerPC: ppc64el
  • S390X: s390x

Weitere Details zur Hardware-Unterstützung können Sie hier nachlesen:

Technische Neuerungen

Firmware-Dateien: Ich habe in der Einleitung darauf hingewiesen, dass die offiziellen Installationsmedien nun auch Firmware-Dateien enthalten. Hinter den Kulissen wurde für diese Dateien die neue Paketquelle non-free-firmware geschaffen, die automatisch aktiv ist.

Logging: Der traditionelle Syslog-Dämon rsyslogd wird standardmäßig nicht mehr installiert. Stattdessen erfolgt das Logging nun über das Journal (eine systemd-Komponente). Die Logging-Daten werden dauerhaft in binärer Form gespeichert (Verzeichnis /var/log/journal) und können mit journalctl ausgewertet werden. Der wichtigste Unterschied im Vergleich zu früher besteht darin, dass diverse Logging-Dateien (z.B. /var/log/mail*) nicht mehr zur Verfügung stehen. Abhilfe schafft gegebenenfalls die Installation von rsyslog. Das Paket befindet sich weiter in den Paketquellen.

Keys für externe Paketquellen: apt-key ist veraltet. Beim Einrichten von neuen Paketquellen muss nun ein Schlüssel in /etc/apt/trusted.gpg.d hinterlegt werden. Auf diesen Schlüssel muss in /apt/sources.list.d/*.conf Bezug genommen werden. Das neue Prozedere ist sicherer, aber leider auch wesentlich umständlicher. Hintergründen können Sie z.B. in der Debian-Dokumentation oder auf syslog.me nachlesen.

Keine anderen Betriebssysteme im GRUB-Menü: Während der Installation verzichtet Debian so wie aktuelle Ubuntu-Versionen darauf, das Script os-prober auszuführen und alle anderen auf den SSDs/Festplatten gefundenen Betriebssysteme in das GRUB-Menü einzubauen. Dieser Schritt ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch überflüssig, weil Sie das zu startende Betriebssystem ja auch über ein EFI-Menü auswählen können. Sollte dabei etwas schief gehen, ist es ganz einfach, den os-prober zu reaktivieren. Dazu fügen Sie die folgende Zeile am Ende von /etc/default/grub ein:

# in /etc/default/grub
GRUB_DISABLE_OS_PROBER=false

Es geht nichts über eine doppelte Verneinung ;-)

Anschließend erzeugen Sie grub.cfg mit einem Aufruf von update-grub neu.

Wartungszeitraum

Anders als bei Ubuntu sind die Angaben zum Wartungszeitraum von Debian ein wenig vage. Grundsätzlich gibt es bei Debian ca. alle zwei Jahre ein neues Release. Das jeweils vorige Release wird dann noch ca. ein Jahr mit Updates versorgt, womit sich ein offizieller Wartungszeitraum von ca. drei Jahren ergibt.

Ein Team von Freiwilligen versucht Debian für die Plattformen i386, amd64, arm64 und armhf über den offiziellen Wartungszeitraum hinaus insgesamt fünf Jahre mit kritischen Sicherheits-Updates zu versorgen (Projekt Debian LTS).

»Bitte legen Sie das Medium mit dem Namen ‚Debian GNU/Linux‘ ein«

Der Standardinstaller hinterlässt in /etc/apt/sources.list eine Zeile mit dem Installationsmedium (USB-Stick oder DVD). Wenn Sie nach der Installation ein Paket installieren wollen (apt install <name>), will apt, dass Sie das Installationsmedium wieder einlegen, anstatt das betreffende Paket einfach herunterzuladen. Das ist (schon seit vielen Jahren) nicht mehr zeitgemäß.

Abhilfe: Öffnen Sie /etc/apt/sources.list mit einem Editor und entfernen Sie die Zeile, die mit deb cdrom beginnt.

Fazit

Debian ist mit »Bookworm« ein grundsolides, überdurchschnittlich modernes Release gelungen. Snaps und Flatpaks sind optional möglich, aber nicht erforderlich. Vielleicht ist das altmodisch, aber ich sehe es als Pluspunkt.

Gerade in Zeiten, wo dem Linux-Desktop ein rauer Wind entgegen weht (Red Hat will keine LibreOffice-Pakete mehr erstellen, SUSE überhaupt keine kommerzielle Desktop-Distribution mehr anbieten usw.) ist es großartig, dass Debian nicht nur am Server brilliert, sondern auch ein gutes Angebot für Desktop-User darstellt.

Ich habe es in meinen früheren Debian-Artikel schon erwähnt, aber man kann es nicht oft genug sagen: Debian ist das Fundament für eine große Palette weiterer Distributionen: Ubuntu und all seine Varianten, Kali Linux, Raspberry Pi OS usw. Die Linux-Community kann dem Debian-Team gar nicht dankbar genug sein, dass es dieses Fundament immer wieder neu zusammenstellt!

Quellen/Links

Andere Tests

Ubuntu 22.04

21. April 2022 um 13:48

Mit Ubuntu 22.04 »Jammy Jellyfish« hat Canonical die neueste LTS-Version von Ubuntu fertiggestellt. Aktuelle Software kombiniert mit einem Update-Versprechen über fünf Jahre sind die Hauptargumente für die Distribution — und zwar gleichermaßen im Desktop- wie im Server-Segment. Fundamentale technische Neuerungen gibt es keine, einige richtungsweisende Entscheidungen aber sehr wohl: Wayland gilt nun als Default-Grafiksystem, und Firefox wird als Snap-Paket ausgeliefert. Letztere Entscheidung wird nicht nur auf Zustimmung treffen …

Anmerkung: Dieser Blog-Beitrag berücksichtigt ausschließlich das »originale« Ubuntu für den Desktop, nicht die diversen Derivate bzw. die Server-Version.

Installation

Eigentlich wollte Canonical Ubuntu einen neuen, mit der Bibliothek Flutter entwickelten Installer verpassen. Daraus ist nichts geworden, das Programm wurde nicht rechtzeitig fertig. Der Installer ist somit im Vergleich zu den Vorversionen unverändert, was aus meiner Sicht kein Nachteil ist: Das Programm ist einfach zu bedienen und funktioniert gut.

Der Platzbedarf für eine Standardinstallation beträgt ohne /swapfile ca. 6,4 GByte. Wie viel Platz der Installer für die Swap-Datei vorsieht, hängt von der Hardware des Rechners ab, auf dem Sie Ubuntu installieren.

Gut 6 GByte sind zwar angesichts des breiten Software-Angebots akzeptabel, das Attribut »schlank« trifft auf Ubuntu aber schon lange nicht mehr zu. Die Snap-Pakete sind daran nicht alleine Schuld, leisten aber natürlich auch einen Beitrag: Der Platzbedarf für /var/lib/snapd/snaps beträgt anfänglich ca. 640 MByte. Selbst wenn Sie keine weiteren Snap-Pakete installieren, verdoppelt sich der Umfang des Snap-Verzeichnisses früher oder später, weil bei Updates immer auch die vorige Version aller Snap-Pakete erhalten bleibt.

Desktop-Neuerungen

Relativ viele Änderungen bzw. neue Einstellmöglichkeiten gibt es im Gnome-Desktop. Zum Teil handelt es sich dabei einfach um neue Features von Gnome 42, zum Teil um Erweiterungen, die Canonical in den Gnome-Desktop integriert hat:

  • In den Einstellungen kann zwischen der normalen Darstellung der Fenster und dem »Dark Mode« gewechselt werden.
  • Es stehen zehn Kontrastfarben für ausgewählte Elemente zur Auswahl.
  • Auf dem Desktop können unkompliziert Icons abgelegt werden. Dazu ziehen Sie Dateien oder Verzeichnisse per Drag&Drop aus dem Dateimanager auf den Desktop. Intern werden die Dateien dadurch in das Verzeichnis Schreibtisch verschoben.
  • Bei Notebooks kann im Systemmenü einer von mehreren Energiemodis aktiviert werden.
  • Die Tools zur Aufnahme von Screenshots bzw. Screencasts wurden modernisiert.
Die Ubuntu-Variante der Gnome-Einstellungen bietet mehr Optionen als das Original
Der Gnome-Desktop im Dark Mode und mit einer grünen Kontrastfarbe

Beachten Sie, dass die Verwaltung der Gnome Shell Extensions im Snap-Firefox nicht funktioniert. Sie müssen stattdessen das Paket gnome-shell-extensions installieren und ausführen.

Unter Ubuntu sind drei Gnome Shell Extensions vorinstalliert. Die Konfiguration kann bei Bedarf über das Programm »gnome-extensions« erfolgen.

Software-Versionen

Wie üblich wurden fast alle Software-Versionen auf den aktuellen Stand gebracht. Erfreulicherweise trifft dies auch für Gnome zu, das in der aktuellen Version ausgeliefert wird. Ausgenommen sind lediglich vereinzelte Gnome-Anwendungen: In Gnome 42 wurden einige Apps auf die neue Bibliothek GTK4 aktualisiert. Ubuntu geht solchen Programmen aus dem Weg und verwendet gegebenenfalls die ältere Version. Das betrifft z.B. die Kalender-App (gnome-calendar).

Basis             Desktop             Programmierung   Server
---------------   ------------------  --------------   --------------
Kernel     5.15   Gnome          42   bash       5.1   Apache     2.4
glibc      2.35   Firefox        99   docker   20.10   CUPS       2.4
X-Server   1.21   Gimp         2.10   gcc       11.2   MySQL      8.0
Wayland    1.20   LibreOffice   7.3   git       2.34   OpenSSH    8.9
Mesa       22.0   Thunderbird    91   Java        11   qemu/KVM   6.2
Systemd     249                       PHP        8.1   Postfix    3.6
NetworkMan 1.36                       Python    3.10   Samba     4.15
GRUB       2.06 

Firefox und Snap

Wie bereits in Version 21.10 wird Firefox nicht mehr als »gewöhnliches« Paket, sondern in Kooperation mit der Mozilla-Organisation als Snap-Paket ausgeliefert. Für Canonical erleichtert das die Wartung. Für den Anwender ergeben sich daraus aber drei Nachteile:

  • Der Platzbedarf auf dem Datenträger und im RAM ist wesentlich höher.
  • Der erstmalige Start des Programms spürbar langsamer. Selbst die Ubuntu-freundliche Website omgubuntu macht sich darüber in einem Video lustig (siehe ab 3:40). Der lahme Start hat damit zu tun, dass nicht nur Firefox an sich geladen wird, sondern auch ein riesiges Paket von (vollkommen redundanten) Bibliotheken.

  • Es gibt Kompatibilitätsprobleme, z.B. im Zusammenspiel mit der Verwaltung der Gnome-Shell-Erweiterungen oder mit dem Passwort-Tool KeePass.

Wenn Sie das Firefox-Snap-Paket durch ein traditionelles Paket ersetzen möchten, gehen Sie so vor:

sudo snap remove firefox
sudo add-apt-repository ppa:mozillateam/ppa
sudo apt install -t 'o=LP-PPA-mozillateam' firefox

Vorsicht: Einfach sudo apt install firefox funktioniert nicht, weil dadurch neuerlich das Snap-Paket installiert wird! Damit das nächste apt update nicht wieder die Snap-Version von Firefox installiert, müssen Sie außerdem die Priority-Einstellungen für apt verändern:

sudo sh -c 'cat > /etc/apt/preferences.d/mozilla-ppa' << EOF
Package: firefox*
Pin: release o=LP-PPA-mozillateam
Pin-Priority: 501
EOF

Alternativ können Sie natürlich auch Chrome (von der Google-Website) oder Chromium (Paket chromium-browser) installieren.

Wayland per Default

Wie alle gängigen Distributionen werden auch bei Ubuntu der herkömmliche Grafik-Server Xorg und das neue System Wayland parallel installiert. Nach Möglichkeit kommt in Ubuntu 22.04 standardmäßig Wayland zum Einsatz. Im Idealfall soll das sogar bei Grafikkarten mit NVIDIA-Treiber funktionieren. Auf meinem Notebook (Lenovo P1, Quadro P1000 Mobile), ist das aber nicht der Fall: Beim Login gibt es keine Wahl zwischen den unterschiedlichen Grafikbibliotheken, Gnome verwendet wie in älteren Ubuntu-Versionen Xorg (X11) als Grafiksystem. Vermutlich liegt das daran, dass Hybridsysteme (Intel + NVIDIA GPU) noch nicht unterstützt werden.

Zusammenfassung der Eckdaten in den Gnome-Einstellungen

Dafür hat Wayland bei meinen Tests anstandslos in virtuellen Maschinen funktioniert. Auch das Zusammenspiel auf Computern mit Intel- oder ADM-Grafik sollte klappen.

Distributions-Update mit »do-release-upgrade«

Auf meinem Arbeits-Notebook habe ich zwei Tage vor dem offiziellen Release ein Update von Version 21.10 auf die aktuelle Version durchgeführt. Der Prozess hat zwar ca. eine Stunde gedauert, ist aber komplett problemlos verlaufen.

sudo apt update
sudo apt dist-upgrade
sudo reboot
sudo do-release-upgrade -d --allow-third-party

  ...
  11 packages are going to be removed. 174 new packages  
  are going to be installed. 2198 packages are going to 
  be upgraded. 

  You have to download a total of 2,857 M. This download 
  will take about 7 minutes with your connection. 

  Installing the upgrade can take several hours. Once the 
  download has finished, the process cannot be canceled. 
  ...

Fazit

Für Linux-Einsteiger bzw. Leute, die Linux als Desktop-Betriebssystem anwenden möchten, ohne sich Gedanken über technische Hintergründe zu machen, ist Ubuntu weiterhin eine gute Wahl:

  • In aller Regel funktioniert Ubuntu ganz einfach.
  • Das Aussehen und Verhalten des Desktops ist (aus meiner Sicht) besser als bei Distributionen mit dem originalen Gnome.
  • Ubuntu bietet inklusive PPAs und Snaps das wohl beste Software-Angebot in der Linux-Welt.
  • Dank der großen Verbreitung ist es einfach, im Freundeskreis oder im Internet Hilfe zu finden.

Ich kann für diese Zielgruppe unter den aktuellen Distributionen keine bessere Alternative zu Ubuntu erkennen. Am ehesten ist wohl Linux Mint geeignet (das aber selbst von Ubuntu abgeleitet ist).

Persönlich spricht mich Ubuntu allerdings immer weniger an. Ich halte Snap-Pakete für einen Irrweg (und die von Red Hat favorisierte Alternative FlatPak auch nicht nennenswert besser). Der LTS-Vorteil einer langen Lebenszeit ist für mich angesichts des über den Verlauf der Jahre zunehmend veralteten Software-Stacks für meine Desktop-Anwendung als Entwickler/Admin uninteressant.

Quellen und Links

Sonstiges:

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