Lese-Ansicht

Flatpak und Snap — Statusbericht

Auf meinen privaten Linux-Installationen gehe ich Flatpak- und Snap-Paketen meistens aus dem Weg. Aber damit mir keiner vorwirft, ich sei zu altmodisch, mache ich hin und wieder doch die Probe auf Exempel: Wie gut funktionieren die neuen Paketsysteme? Meine Testkandidaten waren diesmal Fedora 42 sowie zwei Ubuntu-Installationen (25.04 und 25.10 daily), jeweils auf x86_64-Rechnern.

Fedora + Flatpak

Red Hat setzt bekanntermaßen auf Flatpak als sekundäres Paketformat für Desktop-Pakete. Es gibt zwei Motiviationsgründe: Einerseits will Red Hat den Aufwand für die Wartung großer Pakete (LibreOffice, Gimp etc.) längerfristig reduzieren; andererseits soll die Software-Installation für Anwender einfacher werden, insbesondere für Programme, die nicht in den klassischen Paketquellen verfügbar sind.

In Fedora 42 sind Flatpaks optional. Per Default ist kein einziges Flatpak-Paket installiert. Die Flatpak-Infrastruktur ist aber vorkonfiguriert, inklusive zweier Paketquellen (flathub und fedora). Mit dem Gnome-Programm Software können Sie nach Desktop-Programmen suchen. Manche Programme stehen in mehreren Paketformaten zur Auswahl (z.B. Gimp wahlweise als RPM- oder Flatpak-Paket) — dann haben Sie die Wahl, welches Format Sie verwenden möchten. Außerhalb des Linux-Universums entwickelte Apps wie Google Chrome, IntelliJ, Postman, Spotify oder VSCode gibt es hingegen nur als Flatpaks.

Mit dem Gnome-Programm »Software« können Desktop-Programme als herkömmliche Pakete oder als Flatpaks installiert werden. Die Kritierien für die »Editor’s Choice« sind aber nur schwer nachzuvollziehen. Nach den populären Programmen müssen Sie selbst suchen.

Bei RHEL 10 ist die Ausgangssituation ähnlich wie bei Fedora: Die Infrastruktur ist da, aber es sind keine Flatpaks installiert. Falls Sie RHEL als Desktop-System verwenden möchten, ist der Druck hin zu Flatpak aber stärker. Beispielsweise bietet Red Hat LibreOffice nicht mehr als RPM-Paket, sondern nur als Flatpak an. (Für Fedora gilt dies noch nicht, d.h., Sie können LibreOffice weiterhin als RPM installieren. Schauen wir, wie lange das noch so bleibt …)

Mein »Referenztest« ist die Installation von Spotify in einem bisher leeren System (also ohne andere vorher installierte Flatpaks bzw. Snaps). Sie können die Installation in Software oder per Kommando durchführen. Ich ziehe zweiteres oft vor, damit ich sehe, was vor sich geht (Listing gekürzt):

sudo flatpak install flathub com.spotify.Client

  Required runtime for com.spotify.Client/x86_64/stable found in remote
  flathub. Do you want to install it? [Y/n]: y
  ...
  org.freedesktop.Platform.GL.default    24.08       155 MB
  org.freedesktop.Platform.GL.default    24.08extra  155 MB
  org.freedesktop.Platform.Locale        24.08       382 MB (partial)
  org.freedesktop.Platform.openh264      2.5.1         1 MB
  org.freedesktop.Platform               24.08       261 MB
  com.spotify.Client                     stable      208 MB

Für die Installation von Spotify ist ein Download von 1,6 GiB und Platz auf dem Datenträger im Umfang von 1,9 GiB erforderlich. Das ist einfach verrückt.

Einen Überblick über alle installierte Flatpaks samt Größenangaben erhalten Sie mit flatpak list -d. Das folgende Listing ist aus Platzgründen stark gekürzt. Irritierend ist, dass die Paketgrößen in keiner Weise mit den Angaben während der Installation übereinstimmen (siehe das vorige Listing).

flatpak list -d

  com.spotify.Client                   1.2.63.394  stable       14 MB 
  org.freedesktop.Platform             24.08.22    24.08       672 MB 
  org.freedesktop.Platform.GL.default  25.1.3      24.08       464 MB 
  org.freedesktop.Platform.GL.default  25.1.3      24.08extra  464 MB 
  org.freedesktop.Platform.openh264    2.5.1       2.5.1         1 MB 

Flatpak-Installationen landen im Verzeichnis /var/lib/flatpak. Die unzähligen dort angelegten Verzeichnisse und Dateien verwenden UUIDs und hexadezimale Codes als Namen. Für die Installation von Spotify auf einem zuvor leeren Flatpak-System werden mehr als 46.000 Verzeichnisse, Dateien und Links mit einem Platzbedarf von 1,9 GiB eingerichtet. Es ist nicht lange her, da reichte das für eine ganze Linux-Distribution aus!

sudo du -h -d 0 /var/lib/flatpak/

  1,9G  /var/lib/flatpak/

sudo find /var/lib/flatpak | wc -l

  46241

Immerhin teilen weitere Flatpaks die nun etablierte Infrastruktur von Bibliotheken und Basispakete, so dass der Platzbedarf bei der Installation weitere Flatpaks etwas langsamer steigt.

Beim Start beansprucht Spotify »nur« ca. 400 MiB im Arbeitsspeicher (gemessen mit free -m vor und nach dem Start des Audio-Players). Von den vielen installierten Bibliotheken wird also nur ein Bruchteil tatsächlich genutzt. Wenn Sie mit Ihren Ressourcen sparsamer umgehen wollen/müssen, führen Sie Spotify am einfachsten in einem Webbrowser aus :-)

Ubuntu und Snap

Canonical hat Snap-Pakete bereits tief in der Ubuntu-Infrastruktur verankert. Bei Ubuntu 25.10 (daily 2025-07-31) sind
mehrere wichtige Desktop-Programme als Snap-Pakete vorinstalliert: Firefox, das App-Zentrum, der Firmware-Aktualisierer sowie ein relativ neues Security Center zur Verwaltung von Snap-Zugriffsrechten. Dazu kommen die dafür erforderlichen Basispakete. Immerhin ist der Platzbedarf auf der SSD mit 1,1 GByte spürbar geringer als bei vergleichbaren Flatpaks. Ein wenig frech erscheint mir, dass apt install thunderbird mittlerweile ungefragt zur Installation des entsprechenden Snap-Pakets führt.

Im Unterschied zu Flatpaks, die rein für Desktop-Installationen gedacht sind, bietet Canonical auch eine Menge Snap-Pakete für den Server-Einsatz an: https://snapcraft.io/store?categories=server

Zur Installation von Desktop-Snaps verwenden Sie das App-Zentrum. Als einzige Paketquelle ist https://snapcraft.io/store vorgesehen. Weil schon einige Basispakete vorinstalliert sind, ist die Installation eines weiteren Pakets nicht mit so riesigen Downloads wie beim konkurrierenden Flatpak-System verbunden.

Ubuntus »App-Zentrum« ist einzig zur Installation von Snap-Paketen gedacht.

Im Terminal administrieren Sie Snap durch das gleichnamige Kommando. Mit snap install installieren Sie ein neues Paket. snap list zählt alle installierten Snap-Anwendungen auf. snap run startet eine Anwendung, snap refresh aktualisiert alle Snap-Pakete, snap remove name löscht ein Paket.

Mein Referenztest ist wieder die Spotify-Installation. Zusammen mit spotify werden auch die Pakete core20 und gnome-3-38 heruntergeladen. Der Platzbedarf für alle drei Pakete beträgt ca. 600 MiB. (Der Vergleich hinkt aber, weil ja schon diverse Snap-Basispakete installiert sind.) Nach dem Start von Spotify sind ca. 320 MiB zusätzlich im RAM belegt.

sudo snap install spotify

  spotify 1.2.63.394.g126b0d89 from Spotify installed

Die interne Verwaltung von Snaps erfolgt ganz anders als bei Flatpak. Snap-Anwendungen werden in Form von komprimierten *.snap-Dateien in /var/lib/snapd/snaps gespeichert:

ls -lh /var/lib/snapd/snaps

  ...   4,0K  ... bare_5.snap
  ...    64M  ... core20_2599.snap
  ...    74M  ... core22_2045.snap
  ...    13M  ... desktop-security-center_83.snap
  ...   246M  ... firefox_6565.snap
  ...    12M  ... firmware-updater_167.snap
  ...   350M  ... gnome-3-38-2004_143.snap
  ...   517M  ... gnome-42-2204_202.snap
  ...    92M  ... gtk-common-themes_1535.snap
  ...   4,0K  ... partial
  ...    15M  ... prompting-client_104.snap
  ...    51M  ... snapd_25227.snap
  ...    51M  ... snapd_25241.snap
  ...   576K  ... snapd-desktop-integration_315.snap
  ...    11M  ... snap-store_1270.snap
  ...   190M  ... spotify_88.snap

Der im Hintergrund laufende Snap-Dämon snapd bindet diese Dateien als squashfs-Dateisysteme an der Stelle /snap/xxx in den Verzeichnisbaum ein und macht die Anwendungen so zugänglich (alle Größenangaben in MiB):

sudo du -mcs /snap/*

   210    /snap/core20
   248    /snap/core22
    30    /snap/desktop-security-center
   644    /snap/firefox
    35    /snap/firmware-updater
   903    /snap/gnome-3-38-2004
  1294    /snap/gnome-42-2204
   360    /snap/gtk-common-themes
   417    /snap/spotify
   ...
Unzählige squashfs-Dateisysteme machen das findmnt-Ergebnis ziemlich unübersichtlich

Im Vergleich zu Flatpak sparen die komprimierten Flat-Images zwar Platz auf dem Datenträger. Allerdings speichert
Snap standardmäßig von jedem installierten Paket ein Backup mit der vorigen Version. Im Laufe der Zeit verdoppelt das den von Snap beanspruchten Speicherplatz! Um nicht mehr benötigte Pakete zu löschen, verfassen Sie das folgende Mini-Script. export LANG= stellt dabei die Spracheinstellungen zurück, damit die Ausgaben von snap in englischer Sprache erfolgen. Das Script entfernt alle Snap-Pakete, deren Status disabled ist.

#!/bin/bash
# Datei ~/bin/delete-snap-crap.sh
# Idee: https://superuser.com/questions/1310825
export LANG=
snap list --all | awk '/disabled/{print $1, $3}' |
    while read snapname revision; do
        snap remove "$snapname" --revision="$revision"
    done

Dieses Script führen Sie mit root-Rechten aus:

sudo bash delete-snap-crap.sh

Auf einem Testsystem mit diversen Snap-Paketen (Firefox, Gimp, LibreOffice, Nextcloud Client, VSCode) sank mit der Ausführung dieses Scripts der Platzbedarf in /var/lib/snapd/snaps von 7,6 auf 4,0 GiB.

Spotify als DEB-Paket

Spotify bietet seinen Client auch als Paket für Debian/Ubuntu an: https://www.spotify.com/us/download/linux/

Also habe ich einen Vergleich gemacht.

Download: ca. 150 MB
Platzbedarf auf der SSD: ca. 340 MB
RAM-Bedarf: ca. 350 MB

Fazit: RAM-Bedarf ist bei allen drei Varianten ähnlich, aber die RPM-Variante braucht weniger Platz am Datenträger.

Fazit

Ich sehe die Probleme, die herkömmliche Paketformate verursachen.

Ich verstehe auch den Wunsch nach einem universellem Paketformat, das für alle Distributionen funktioniert, das aus Anwendersicht einfach zu nutzen und das für den Software-Anbieter mit überschaubarem Wartungsaufwand verbunden ist.

Aus meiner Sicht bieten allerdings weder Flatpak noch Snap eine optimale Lösung für diese Probleme/Wünsche. Diese Erkenntnis ist nicht neu, ich habe sie in diesem Blog schon mehrfach formuliert. Die Weiterentwicklung beider Formate in den letzten Jahren hat diesbezüglich leider keine spürbaren Verbesserungen mit sich gebracht.

Bei Flatpak sind die Paketgrößen einfach absurd. Bei Snap sind sie auch zu groß, aber es ist nicht ganz so schlimm — zumindest, wenn alle Doppelgänger regelmäßig entfernt werden. Allerdings ist der Snap Store (also die Paketquelle) Closed Source, was die ohnedies schon geringe Akzeptanz nicht verbessert. Das Software-Angebot im Snap Store ist zwar größer als das auf Flathub, aber ich sehe dennoch die Gefahr, dass das Snap-Format eine Insellösung bleibt und Canonical auch mit dieser Eigenentwicklung Schiffbruch erleidet (ich sage nur Upstart Init System, Unity Desktop, Mir Display Server). Während Flatpaks außerhalb der Red-Hat-Welt zumindest als Option genutzt werden, scheint keine Distribution außer Ubuntu etwas mit Snaps zu tun haben wollen.

Letztlich ist meine Meinung natürlich irrelevant. Ubuntu ist aus meiner Sicht nach wie vor eine attraktive Distribution, sowohl am Desktop als auch am Server. Wer Ubuntu verwenden will, muss eben in den Snap-Apfel beißen. Auf einem Rechner mit einer ausreichend großen SSD und genug RAM funktioniert das gut.

Es ist unklar, ob Red Hat sein Flatpak-Format genauso vehement durchsetzen wird. Bis jetzt sieht es nicht so aus, aber es würde mich nicht überraschen, wenn auch Red Hat irgendwann keine Lust mehr hat, eigene RPM-Pakete für Firefox, Thunderbird, Gimp, Libreoffice usw. zu pflegen und parallel für diverse Distributionen (aktuell: RHEL 8/9/10, Fedora 40/41/42/Rawhide etc.) zu warten.

Vielleicht wir man sich / werde ich mic an den verrückten Ressourcenbedarf neuer Paketsysteme gewöhnen. Auf einem Rechner mit 32 GB RAM und 1 TB SSD — keine ungewöhnlichen Eckdaten heutzutage — spielen 10 GB mehr oder weniger für ein paar Flatpaks oder Snap-Pakete ja keine große Rolle … Mir widerspricht es trotzdem: Wenn es möglich ist, ein Auto zu bauen, das mit 5 Liter Treibstoff pro 100 km auskommt, warum dann eines verwenden, das 8 Liter braucht?

Quellen/Links

Flatpaks

Snap

Diskussion auf mastadon

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Ubuntu 24.10

Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, über Ubuntu 24.10 zu schreiben. Es ist kein LTS-Release, dramatische Neuerungen gibt es auch nicht. Aber dann ergab sich überraschend die Notwendigkeit, eine native Ubuntu-Installation auf meinem Notebook (Lenovo P1 gen1) durchzuführen. Außerdem feiert Ubuntu den 20. Geburtstag.

Also habe ich doch ein paar Worte (gar nicht so wenige) zum neuesten Release geschrieben. Der Text ist launiger geworden als beabsichtigt. Er konzentriert sich ausschließlich auf die Desktop-Nutzung, also auf Ubuntu für Büro-, Admin- oder Entwicklerrechner. Der Artikel bringt auch ein wenig meinen Frust zum Ausdruck, den ich mit Linux am Desktop zunehmend verspüre.

Installation

Ich lebe normalerweise in einer weitgehend virtuellen Linux-Welt. Auf meinem Arbeits-Notebook läuft zwar Arch Linux, aber neue Distributionen teste ich meistens in virtuellen Maschinen, viele meiner Server-Installationen befinden sich in Cloud-Instanzen, die Software-Entwicklung erfolgt in Docker-Containern. Überall Linux, aber eben meist eine (oder zwei) virtuelle Schichten entfernt.

Insofern ist es wichtig, hin und wieder auch eine »echte« Installation durchzuführen. Testkandidat war in diesem Fall ein fünf Jahre altes Lenovo P1 Notebook mit Intel-CPU und NVIDIA-GPU. Ich wollte Ubuntu auf eine noch leere 2-TB-SSD installieren, dabei aber nur 400 GiB nutzen. (Auch ein paar andere Distributionen verdienen im nächsten Jahr ihre Chance in der realen Welt …)

Weil ich nicht die ganze SSD nutzen möchte, werde ich zur manuellen Partitionierung gezwungen. So weit, so gut, allerdings fehlen dort die LVM-Funktionen. Somit ist es für Laien unmöglich, Ubuntu verschlüsselt in ein Logical Volume zu installieren. (Profis können sich Ihr Setup mit parted, pvxxx, vgxxx, lvxxx und cryptsetup selbst zusammenbasteln. Ich habe das aber nicht getestet.)

Bei der manuellen Partitionierung ist es unmöglich, die EI-Partition an den Beginn der Partitionstabelle zu stellen. Die /-Partition wird mit ‚Windows Boot Manager‘ beschriftet, warum auch immer. Die zweite SSD enthält eine schon vorhandene Arch-Linux-Installation.

Noch ein Ärgernis der manuellen Partitionierung: Das Setup-Programm kümmert sich selbst darum, eine EFI-Partition einzurichten. Gut! Aber auf einer aktuell leeren Disk wird diese kleine Partition immer NACH den anderen Partitionen platziert. Mir wäre lieber gewesen, zuerst 2 GiB EFI, dann 400 GiB für /. Solange es keine weiteren Partitionen gibt, hätte ich so die Chance, die Größe von / nachträglich zu ändern. Fehlanzeige. Im Übrigen hat das Setup-Programm auch die von mir gewählte Größe für die EFI-Partition ignoriert. Ich wollte 2 GiB und habe diese Größe auch eingestellt (siehe Screenshot). Das Setup-Programm fand 1 GiB ausreichend und hat sich durchgesetzt.

Zusammenfassung der Installationseinstellungen

Für die meisten Linux-Anwender sind die obigen Anmerkungen nicht relevant. Wenn Sie Ubuntu einfach auf die ganze Disk installieren wollen (real oder in einer virtuellen Maschine), oder in den freien Platz, der neben Windows noch zur Verfügung steht, dann klappt ja alles bestens. Nur Sonderwünsche werden nicht erfüllt.

Letzte Anmerkung: Ich wollte auf dem gleichen Rechner kürzlich Windows 11 neu installieren. (Fragen Sie jetzt nicht, warum …) Um es kurz zu machen — ich bin gescheitert. Das Windows-11-Setup-Programm aus dem aktuellsten ISO-Image glänzt in moderner Windows-7-Optik. Es braucht anscheinend zusätzliche Treiber, damit es auf einem fünf Jahre alten Notebook auf die SSDs zugreifen kann. (?!) Mit der Hilfe von Google habe ich entdeckt, dass er wohl die Intel-RST-Treiber für die Intel-CPU des Rechners haben will. Die habe ich mir runtergeladen, auf einem anderen Windows-Rechner (wird selbstverständlich vorausgesetzt) ausgepackt, auf einen zweiten USB-Stick gegeben und dem Windows-Installer zum Fraß vorgeworfen. Aber es half nichts. Die Treiber wären angeblich inkompatibel zu meiner Hardware. Ich habe fünf Stunden alles Mögliche probiert, das Internet und KI-Tools befragt, diverse Treiber von allen möglichen Seiten heruntergeladen. Aussichtslos. Ich habe mir dann von Lenovo ein Recovery-Image (Windows 10, aber egal) für mein Notebook besorgt. Es bleibt bei der Partitionierung in einem Endlos-Reboot hängen. Vielleicht, weil vor fünf Jahren 2-TB-SSDs unüblich waren? Also: Wer immer (mich selbst eingeschlossen) darüber jammert, wie schwierig eine Linux-Installation doch sei, hat noch nie versucht, Windows auf realer Hardware zu installieren. (Ich weiß, in virtuellen Maschinen klappt es besser.) Jammern über Einschränkungen bei der Ubuntu-Installation ist Jammern auf hohen Niveau. Der Ubuntu-Installer funktioniert ca. 100 Mal besser als der von Windows 11!

Das App Center

Obwohl ich bekanntermaßen kein großer Snap-Fan bin, habe ich mich entschieden, Ubuntu zur Abwechslung einmal so zu verwenden, wie es von seinen Entwicklern vorgesehen ist. Ich habe daher einige für mich relevante Desktop-Programme aus dem App Center in Form von Snap-Paketen installiert (unter anderem eine Vorabversion von Gimp 3.0, VS Code, den Nextcloud Client und LibreOffice). Auf den Speicherverbrauch habe ich nicht geschaut, Platz auf der SSD und im RAM ist ja genug.

Das Ubuntu App Center stellt ausschließlich Snap-Pakete von snapcraft.io zur Auswahl

Grundsätzlich hat vieles funktioniert, aber gemessen daran, wie lange es nun schon Snaps gibt, stören immer noch erstaunlich viele Kleinigkeiten:

  • Im Nextcloud-Client hatte ich im ersten Versuch Probleme bei der Verzeichnisauswahl. Diese folgte relativ zum Snap-Installationsverzeichnis statt relativ zu meinem Home-Verzeichnis. In der Folge scheiterte die Synchronisation wegen fehlender Schreibrechte. Das ließ sich relativ schnell beheben, hätte bei Einsteigern aber sicher einiges an Verwirrung verursacht. Noch ein Problem: Der Nextcloud wird NICHT automatisch beim Login gestartet, obwohl die entsprechende Option in den Nextcloud-Einstellungen gesetzt ist. Das muss manuell behoben werden (am einfachsten in gnome-tweaks alias Optimierungen im Tab Startprogramme).
Damit der Nextcloud-Client automatisch startet, nehmen Sie am besten »gnome-tweaks« (Optimierungen) zu Hilfe
  • Der Versuch, LibreOffice nach der Installation aus dem Ubuntu Store zu starten (Button Öffnen), führt direkt in den LibreOffice-Datenbank-Assistenten?! Weil ich keine Datenbank einrichten will, breche ich ab — damit endet LibreOffice wieder. Ich habe LibreOffice dann über das Startmenü (ehemals ‚Anwendungen‘) gestartet — funktioniert. Warum nicht gleich? Das nächste Problem tritt auf, sobald ich eine Datei öffnen möchte. Im Dateiauswahldialog drücke ich auf Persönlicher Ordner — aber der ist leer! Warum? Weil wieder alle Verzeichnisse (inkl. des Home-Verzeichnisses) relativ zum Snap-Installationsordner gelten. Meine Güte! Ja, ich kann mit etwas Mühe zu meinem wirklichen Home-Verzeichnis navigieren, aber so treibt man doch jeden Einsteiger zum Wahnsinn. Ab dem zweiten Start funktioniert es dann, d.h. LibreOffice nutzt standardmäßig mein ‚richtiges‘ Home-Verzeichnis.
Snap-Programme wissen nicht immer, wo ‚Home‘ ist.
  • Zwischendurch ist der App Center abgestürzt. Es kommt auch vor, dass das Programm plötzlich ohne ersichtlichen Grund einen CPU-Core zu 100 % nutzt. Das Programm beenden hilft.
  • Updates des App Center (selbst ein Snap-Paket), während dieser läuft, sind weiter unmöglich.

Es gibt auch gute Nachrichten: Ein Klick auf ein heruntergeladenes Debian-Paket öffnet das App Center, und dieses kann nun tatsächlich das Debian-Paket installieren. (Es warnt langatmig, wie unsicher die Installation von Paketen unbekannter Herkunft ist, aber gut. In gewisser Weise stimmt das ja.)

Nicht nur dass, wenn Sie den Suchfilter korrekt einstellen, können Sie im App Center sogar nach Debian-Paketen suchen und direkt installieren. Ganz intuitiv ist das nicht, aber es ist ein Fortschritt.

Sie können im App Center nun auch nach Debian-Paketen suchen

NVIDIA und Wayland

Ubuntu 24.10 ist die erste Ubuntu-Version, bei der meine NVIDIA-Grafikkarte out of the box nahezu ohne Einschränkungen funktioniert. Ich habe während der Installation darum gebeten, auch proprietäre Treiber zu installieren. Beim ersten Start werden dementsprechend die NVIDIA-Treiber geladen. Ab dem ersten Login ist tatsächlich Wayland aktiv und nicht wie (bei meiner Hardware in der Vergangenheit) X.org.

Die Installation proprietärer Treiber (inkl. NVIDIA) während der Installation ist ein Kinderspiel.
NVIDIA und Wayland kooperieren

Ich habe eine Weile in mit den Anzeige-Einstellungen gespielt: Zwei Monitore in unterschiedlichen Varianten, fraktionelle Skalierung (unscharf, aber prinzipiell OK) usw. Obwohl ich mir Mühe gegeben habe, das Gegenteil zu erreichen: Es hat wirklich jedes Monitor-Setup funktioniert. Ich würde das durchaus als Meilenstein bezeichnen. (Your milage may vary, wie es im Englischen so schön heißt. Alte Hardware ist beim Zusammenspiel mit Linux oft ein Vorteil.)

Na ja, fast alles: Ich war dann so übermütig und habe das System in den Bereitschaftsmodus versetzt. Am nächsten Tag wollte ich mich wieder anmelden. Soweit ich erkennen konnte, ist der Rechner gelaufen (die ganze Nacht??), er reagierte auf jeden Fall auf ping. (Ich war so leichtsinnig und hatte noch keinen SSH-Server installiert. Großer Fehler!) Auf jeden Fall blieben sowohl das Notebook-Display als auch der angeschlossene Monitor schwarz. Ich konnte drücken, wohin ich wollte, den Display-Deckel auf und zu machen, das HDMI-Kabel lösen und wieder anstecken — aussichtslos. Einzige Lösung: brutaler Neustart (Power-Knopf fünf Sekunden lang drücken). Und ich hatte schon gedacht, es wäre ein Wunder passiert …

Und noch ein kleines Detail: Drag&Drop-Operationen zicken (z.B. von Nautilus nach Chrome, Bilder in die WordPress-Mediathek oder Dateien in die Weboberfläche von Nextcloud oder Moodle hochladen). Das ist seit fünf Jahren ein Wayland-Problem. Es funktioniert oft, aber eben nicht immer.

Ubuntu Dock

Das Ubuntu-Dock wird durch eine Ubuntu-eigene Gnome Shell Extension realisiert, die im Wesentlichen Dash to Dock entspricht. (Tatsächlich handelt es sich um einen Klon/Fork dieser Erweiterung.)

In den Gnome-Einstellungen unter Ubuntu-Schreibtisch können allerdings nur rudimentäre Einstellungen dieser Erweiterung verändert werden. Das ist schade, weil es ja viel mehr Funktionen gibt. Einige davon (per Mausrad durch die Fenster wechseln, per Mausklick Fenster ein- und wieder ausblenden) sind aus meiner Sicht essentiell.

Um an die restlichen Einstellungen heranzukommen, müssen Sie das vorinstallierten Programm Erweiterungen starten. Von dort gelangen Sie in den vollständigen Einstellungsdialog der Erweiterung.

Der Weg in den erweiterten Einstellungsdialog für das Ubuntu Dock

20 Jahre Ubuntu

Ubuntu hat den Linux-Desktop nicht zum erhofften Durchbruch verholfen, aber Ubuntu und Canonical haben den Linux-Desktop auf jeden Fall deutlich besser gemacht. Geld ist mit dem Linux-Desktop wohl keines zu verdienen, das hat auch Canonical erkannt. Umso höher muss man es der Firma anrechnen, dass sie sich nicht ausschließlich den Themen Server, Cloud und IoT zuwendet, sondern weiter Geld in die Desktop-Entwicklung steckt.

Die Linux-Community hat Ubuntu und Canonical viel zu verdanken. Und so schließe ich mich diversen Glückwünschen aus dem Netz an und gratuliere Ubuntu ganz herzlich zum 20-jährigen Jubiläum. »Wir hätten dich sonst sehr vermisst«, heißt es in manchen Geburtstagsliedern. Wie sehr trifft das auf Ubuntu zu!

Fazit

Linux im Allgemeinen, Ubuntu im Speziellen funktioniert als Desktop-System gut, zu 90%, vielleicht sogar zu 95%. Seit Jahren, eigentlich schon seit Jahrzehnten. Na ja, zumindest seit einem Jahrzehnt.

Aber die fehlenden paar Prozent — an denen scheint sich nichts zu ändern. Und das ist schade, weil es ja so dringend eine Alternative zum goldenen Käfig (macOS) bzw. dem heillosen Chaos (Windows, bloatware included TM) bräuchte.

Profis können sich mit Linux als Desktop-System arrangieren und profitieren von den vielen Freiheiten, die damit verbunden sind. Aber es fällt mir seit Jahren immer schwerer, Linux außerhalb dieses Segments zu empfehlen.

Linux hält unsere (IT-)Welt server-seitig am Laufen. Praktisch jeder Mensch, der einen Computer oder ein Smartphone verwendet, nutzt täglich Dienste, die Linux-Server zur Verfügung stellen. Warum ist der kleine Schritt, um Linux am Desktop zum Durchbruch zu verhelfen, offenbar zu groß für die Menschheit (oder die Linux-Entwicklergemeinde)?

Links/Quellen

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Ubuntu 23.10

Nachdem Hasskommentare in der ukrainischen Übersetzungsdateien entfernt wurden (siehe auch omgubuntu.co.uk), steht das ISO-Image von Ubuntu 23.10 »Mantic Minotaur« wieder zum Download zur Verfügung. Die neueste Version von Ubuntu ist das letzte Release vor der nächsten LTS-Version — und insofern besonders interessant: »Mantic Minotaur« vermittelt eine erste Vorstellung, wie Ubuntu LTS die nächsten Jahre prägen wird.

Updates: 14.11.2023, Netplan

Installation und App Center

Ich habe die Installation diesmal nur in virtuellen Maschinen getestet. Zumindest dort hat das neue Installationsprogramm problemlos funktioniert — auf jeden Fall besser als in Version 23.04, in der das Installationsprogramm erstmalig zum Einsatz kam. Die für die meisten Nutzer wichtigste Neuerung besteht darin, dass nun standardmäßig eine »Minimalinstallation« durchgeführt wird — ohne LibreOffice, Thunderbird, Foto-Verwaltung, Audio-Player usw.

Standardmäßig wird eine Minimalinstallation ohne Office-Programme durchgeführt

Grundsätzlich mag ich diesen Minimalismus. Bei der Installation der fehlenden Programme hilft das mit der Bibliothek Flutter neu implementierte »App Center«, dessen Versionsnummer 1.0.0-alpha lautet. 1.0.0 klingt an sich schon abschreckend, »alpha« macht es noch schlimmer. Bei meinen Tests sind aber erfreulicherweise keine Probleme aufgetreten. Im App Center führt Entdecken / Jump start your desktop in die Sammlung Ubuntu Desktop, die auf bisher vorinstallierte Pakete verweist.

Eine Rubrik im neuen App Center offeriert wichtige Office-Programme ausschließlich im Snap-Format

Eines sollte Ihnen aber klar sein: Anders als manche Tester von Ubuntu 23.10 geschrieben haben, werden mit dem App Center ausschließlich Snap-Pakete installiert. Ob das gewünschte Programm auch im Debian-Format zur Verfügung steht oder nicht, spielt keine Rolle. Für das App Center gilt Snap only. Falls Sie Debian-Pakete vorziehen, müssen Sie diese nun im Terminal mit apt suchen und installieren (also z.B. apt install gimp). In Ubuntu gibt es keine (vorinstallierte) grafischer Oberfläche mehr, um Debian-Pakete zu installieren.

Das App Center ist auch insofern ein Rückschritt, als es nicht in der Lage ist, heruntergeladene Debian-Pakete zu installieren. Wenn Sie im Webbrowser die gerade heruntergeladene *.deb-Datei anklicken, erhalten Sie die Fehlermeldung, dass es kein (grafisches) Programm zur Verarbeitung von *.deb-Dateien gibt. Sie müssen die Installation wie folgt durchführen:

sudo apt install ~/Downloads/name.deb

Platzbedarf

Ich habe in der Vergangenheit oft über den immensen Platzbedarf von Snap-Paketen geschimpft, sowohl auf der SSD als auch (nach dem Start) im Arbeitsspeicher. Für diesen Artikel wollte ich diese Aussagen mit neuem Zahlenmaterial untermauern, bin aber auf überraschende Ergebnisse gestoßen.

Die neue »Minimalinstallation« beansprucht 4,7 GByte Platz auf der SSD. Nicht mitgerechnet ist dabei die Swap-Datei /swap.img. Das Installationsprogramm richtet diese Datei je nach Hardware sehr großzügig ein (bei meinen Tests mit 3,9 GiB). Tipps, wie Sie die Swap-Datei bei Bedarf verkleinern können, folgen gleich.

Der Snap-Anteil nach einer Minimalinstallation beträgt ca. 1 GByte:

du -h -d 0 /var/lib/snapd/

  970M   /var/lib/snapd/

snap list

  Name                       Version          Revision  Tracking         Herausgeber  Hinweise
  bare                       1.0              5         latest/stable    canonical✓   base
  core22                     20230801         864       latest/stable    canonical✓   base
  firefox                    118.0.1-1        3216      latest/stable/…  mozilla✓     -
  firmware-updater           0+git.e8771be    109       latest/stable/…  canonical✓   -
  gnome-42-2204              0+git.ff35a85    141       latest/stable/…  canonical✓   -
  gtk-common-themes          0.1-81-g442e511  1535      latest/stable/…  canonical✓   -
  snap-store                 0+git.e118b05    1046      latest/stable/…  canonical✓   -
  snapd                      2.60.4           20290     latest/stable    canonical✓   snapd
  snapd-desktop-integration  0.9              83        latest/stable/…  canonical✓   -

ls -lhS /var/lib/snapd/snaps/

  -rw------- 2 root root 497M Okt 16 12:41 gnome-42-2204_141.snap
  -rw------- 2 root root 241M Okt 16 12:40 firefox_3216.snap
  -rw------- 2 root root  92M Okt 16 12:41 gtk-common-themes_1535.snap
  -rw------- 2 root root  74M Okt 16 12:41 core22_864.snap
  -rw------- 2 root root  41M Okt 16 12:41 snapd_20290.snap
  -rw------- 2 root root  12M Okt 16 12:41 firmware-updater_109.snap
  -rw------- 2 root root  11M Okt 16 12:41 snap-store_1046.snap
  ...

Ich habe nun alle Snaps aus der Rubrik Ubuntu Desktop installiert, also LibreOffice, Thunderbird, Shotwell usw., insgesamt 10 Pakete. Der Platzbedarf der Snaps steigt auf 2,8 GByte:

du -h -d 0 /var/lib/snapd/

  2,8G   /var/lib/snapd/


ls -lhS /var/lib/snapd/snaps/

  -rw------- 2 root root 1,1G Okt 18 08:39 libreoffice_300.snap
  -rw------- 2 root root 497M Okt 16 12:41 gnome-42-2204_141.snap
  -rw------- 2 root root 350M Okt 18 08:38 gnome-3-38-2004_143.snap
  -rw------- 2 root root 241M Okt 16 12:40 firefox_3216.snap
  -rw------- 2 root root 153M Okt 18 08:37 remmina_6117.snap
  -rw------- 2 root root 105M Okt 18 08:35 thunderbird_395.snap
  -rw------- 2 root root  92M Okt 16 12:41 gtk-common-themes_1535.snap
  -rw------- 2 root root  74M Okt 16 12:41 core22_864.snap
  -rw------- 2 root root  64M Okt 18 08:35 core20_2015.snap
  -rw------- 2 root root  45M Okt 18 08:35 shotwell_7.snap
  -rw------- 2 root root  41M Okt 16 12:41 snapd_20290.snap
  -rw------- 2 root root  36M Okt 18 08:35 cheese_37.snap
  -rw------- 2 root root  14M Okt 18 08:35 gnome-calendar_182.snap
  -rw------- 2 root root  12M Okt 16 12:41 firmware-updater_109.snap
  -rw------- 2 root root  11M Okt 16 12:41 snap-store_1046.snap
  -rw------- 2 root root 4,3M Okt 18 08:35 transmission_54.snap
  -rw------- 2 root root 3,6M Okt 18 08:35 gnome-mahjongg_170.snap
  ...

Der RAM-Bedarf des Ubuntu-Desktops im Leerlauf mit einem Terminal-Fenster und dem Programm Systemüberwachung beträgt laut free -h ca. 1,2 GByte. Nun habe ich Firefox (ca. 8 Sekunden), Shotwell (wieder 8 Sekunden) und LibreOffice Writer (20 Sekunden) gestartet, ohne darin aktiv zu arbeiten. Alle Tests habe ich in einer virtuellen Maschine mit 2 CPU-Cores und 4 GiB RAM durchgeführt. Auf echter Hardware sind schnellere Startzeiten zu erwarten.

Der Speicherbedarf im RAM steigt dann auf moderate 1,9 GByte an.

Kurz und gut: Der Platzbedarf von Snap-Paketen sowohl auf dem Datenträger als auch im Arbeitsspeicher ist beträchtlich, aber er ist nicht mehr so exorbitant hoch wie früher. Und je mehr Snap-Pakete parallel installiert werden, desto geringer ist der gemeinschaftliche Overhead durch die Parallelinstallation diverser Bibliotheken. (Unter Ubuntu 23.10 ist Gnome 45 installiert. Aber damit alle Snap-Pakete der Kategorie Ubuntu Desktop ausgeführt werden können, ist parallel dazu auch Gnome 42 und Gnome 3.38 erforderlich — siehe das obige Listing.)

Die Startzeiten von Programmen sind weiterhin etwas höher als bei einer gleichwertigen Installation durch Debian-Pakete, aber damit kann ich mich abfinden. Canonical hat seine Snap-Infrastruktur also in den vergangenen Jahren schrittweise verbessert. Sie funktioniert nun spürbar besser als in den ersten Versionen.

Als wichtigster Kritikpunkt bleibt der proprietäre Snap Store, der alleine durch Canonical verwaltet wird. Alternative Snap-Paketquellen sind nicht vorgesehen (ganz im Gegensatz zu Red Hats Flatpak-System).

Swap-Datei verkleinern

Sie können die Swap-Datei bei Bedarf Ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend verkleinern:

sudo swapoff /swap.img
sudo rm /swap.img
sudo dd count=1024 bs=1M if=/dev/zero of=/swap.img  # 1024 x 1 MiB = 1 GiB
sudo chmod 600 /swap.img
sudo mkswap /swap.img
sudo swapon /swap.img

CUPS doch nicht als Snap-Paket

Canonical wollte CUPS eigentlich in ein Snap-Paket umbauen (siehe openprinting.github.io) und in dieser Form in Ubuntu integrieren. Aufgrund technischer Probleme ist dieses Vorhaben nun voraussichtlich bis Version 24.10 verschoben. Die LTS-Version 24.04 ist für derartige Experimente nicht so gut geeignet.

TPM-Verschlüsselung

Technisch sehr interessant ist Canonicals Konzept, die Verschlüsselung des Datenträgers mittels TPM (Trusted Platform Modules, also in die CPU eingebaute Kryptografie-Funktionen) abzusichern. Unter Windows, macOS, iOS und Android ist dies längst eine Selbstverständlichkeit. Mangels geeigneter Hardware habe ich diese Funktionen allerdings nicht testen können.

Aktuell bezeichnet die Dokumentation dieses Feature zudem noch als experimentell. Es wird nur ausgewählte TPM-Hardware unterstützt. Die Implementierung basiert (natürlich) auf Snap-Paketen für den Bootloader und den Kernel. Proprietäre Kernel-Module (NVIDIA) können nicht verwendet werden. Soweit ich das Konzept verstanden habe, muss das Verschlüsselungspasswort weiterhin eingegeben werden, d.h. das Hochfahren und Authentifizieren nur per Fingerabdruck ist nicht möglich. Oder, anders formuliert: Das Boot-Konzept wird sicherer, aber nicht komfortabler.

Netplan

Ubuntu verwendet mit Netplan seit 2016 ein selbst entwickeltes System zur Administration der Netzwerkverbindungen. Netplan ist vor allem bei Server-Installationen wichtig, wo es eine zentrale Rolle einnimmt. Am Desktop delegiert Netplan die Kontrolle über die WLAN-Schnittstellen dagegen an den NetworkManager. Insofern haben Desktop-Anwender Netplan nie bemerkt.

Grundsätzlich ändert sich daran auch mit Version 23.10 nichts. Neu ist aber, dass die Kommunikation zwischen dem NetworkManager und Netplan nicht länger eine Einbahnstraße ist. Bisher wusste Netplan nichts von den durch den NetworkManager verwalteten Netzwerkverbindungen. Laut dem Ubuntu Blog hat sich das mit Version 23.10 geändert: Vom NetworkManager eingerichtete Verbindungen werden nun in /etc/netplan gespeichert (und nicht mehr in /etc/NetworkManager/system-connections/). Dabei kommt die Netplan-eigene Syntax für Konfigurationsdateien zum Einsatz. Bei einem Update von älteren Ubuntu-Versionen werden vorhandene WLAN-Verbindungen automatisch nach /etc/netplan migriert.

Desktop

Ubuntu 23.10 verwendet Gnome 45 als Desktop. Mehrere vorinstallierte Shell Extensions (Desktop Icons, Ubuntu AppIndicators, Ubuntu Dock und Ubuntu Tiling Assistand) stellen sinnvolle Zusatzfunktionen zur Verfügung:

  • Das Dock kann wahlweise links, rechts oder unten platziert werden.
  • Fenster können so verschoben werden, dass diese ein Bildschirmviertel ausfüllen (Quarter Tiling). Außerdem gibt es einige fortgeschrittene Tiling-Funktionen. (Gnome ohne Erweiterungen kennt bekanntermaßen nur Bildschirmhälften, was auf einem großen Monitor mager ist.)

  • Auf dem Desktop können Icons dargestellt werden.

  • Ältere Gnome-Programme können Indikator-Icons im Panel darstellen.

Ubuntu verwendet Gnome 45 als Desktop, angereichert um ein paar Extensions für das vertikale Dock, Quarter-Tiling und Desktop-Icons

Versionsnummern

Basis             Desktop             Programmierung   Server
---------------   ------------------  ---------------  --------------
Kernel      6.5   Gnome          45   bash        5.2   Apache     2.4
glibc      2.38   Gimp         2.10   docker.io 20.10   CUPS       2.4
X-Server   21.1   LibreOffice   7.6   gcc          13   MariaDB  10.11
Wayland    1.22                       git        2.40   MySQL      8.0
Mesa       23.2                       Java         17   OpenSSH    9.3
Systemd     252                       PHP         8.2   qemu/KVM   8.0
NetworkMan 1.44                       Python     3.11   Postfix    3.8
GRUB       2.12                                         Samba     4.18

Der Fokus auf Snap macht es nicht immer ganz klar, wo welches Paket zu suchen ist. Gimp, LibreOffice, aber auch Docker (!) können als Snap-Pakete installiert werden. Programmiersprachen wie C, Java, Python oder PHP (Ausnahme: Go, siehe Kommentare) sowie Server-Anwendungen wie Apache, MySQL oder Samba sind vorerst noch gewöhnliche Debian-Pakete.

Raspberry Pi

Ubuntu 23.10 läuft auch auf dem nagelneuen Raspberry Pi 5. Einen diesbezüglichen Test habe ich schon vor ein paar Tagen veröffentlicht.

Fazit

Aus meiner Sicht ist und bleibt Ubuntu die erste Anlaufstelle für Linux-Einsteiger. Der Desktop ist optisch ansprechend, Gnome Shell Extensions helfen dort nach, wo Gnome Defizite hat. In ganz vielen Fällen gilt: It just works.

Allerdings hat sich Canonical — allen Widerständen zum Trotz — dazu entschieden, voll auf das eigene Snap-Paketformat zu setzen. Grundsätzlich funktioniert das gut. Aus der Sicht von Canonical ist es natürlich toll, nur ein Paket für verschiedene Ubuntu-Releases warten zu müssen — und die Paket-Version losgelöst von der Ubuntu-Version auch aktualisieren zu können. Canonical kann also durch die Änderung eines Pakets ein LibreOffice-Update auf das nächste Major-Release für alle gerade aktiven Ubuntu-Versionen durchführen. Diesem Vorteil steht anwenderseitig ein — sagen wir mal — großzügiger Umgang mit Ressourcen gegenüber.

Bisher konnte man als erfahrener Ubuntu-Anwender Snap-Paketen aus dem Weg gehen, also snap deinstallieren und anstelle von Snap-Paketen gleichwertige Debian-Pakete installieren. Das wird zunehmend unmöglich, und das ist letztlich auch der falsche Denkansatz. Vielmehr gilt: Wer Ubuntu sagt, muss auch Snap sagen. Und wer das nicht will, muss sich von Ubuntu verabschieden.

Ich bin deswegen auf ArchLinux umgestiegen und habe es nicht bereut. Für Linux-Einsteiger, die dem Snap-Kosmos misstrauisch gegenüberstehen, sind Debian oder Linux Mint einfachere Alternativen. Wenn Sie dagegen keine ideologischen Einwände gegen Snap haben und einen ordentlichen Rechner besitzen, ist Ubuntu samt Snap eine runde Sache.

Quellen/Links

Andere Tests

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Mitfahrgelegenheit für Pakete

Nach dem großen Erfolg von mitfahrgelegenheit.de und anderen Portalen dieser Art, war es nur eine Frage der Zeit bis eine Seite am Internethimmel erscheint, die sich nur der Mitnahme von Paketen widmet. Denn bei den Mitfahrzentralen werden schon lange auch Pakete und Koffer unter der Hand transportiert. Die neue Seite carpoolcargo hat ihren Ursprung in Frankreich und sieht sich als Mitfahrzentrale für alles, was in ein Automobil passt und nicht menschlich ist. Zurzeit ist die Registrierung noch kostenlos. Also haltet euch ran :)

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