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Fedora 35

03. November 2021 um 19:01

Die Fertigstellung der Herbst-Edition von Fedora hat zwar ein paar Wochen länger gedauert als bei Ubuntu, aber dafür ist der Software-Stack spürbar moderner: Kernel 5.14, Gnome 41 und Python 3.10 lassen grüßen. Auf technischer Ebene schreitet vor allem die PipeWire-Integration voran.

Die Workstation-Variante von Fedora 35 verwendet Gnome 41 als Desktop

Versionsnummern

Wie üblich konzentriere ich in dieser Kurzvorstellung auf die Workstation-Variante von Fedora. Die wichtigsten Versionsnummern des Software-Stacks sehen so aus:

Basis             Desktop             Programmierung   Server
---------------   ------------------  --------------   --------------
Kernel     5.14   Gnome          41   bash       5.1   Apache     2.4
glibc      2.34   Firefox        93   gcc       11.2   CUPS       2.3
X-Server   1.20   Gimp         2.10   Java   8/11/17   MariaDB   10.5
Wayland    1.19   LibreOffice   7.2   PHP        8.0   OpenSSH    8.7
Mesa         21   Thunderbird    91   Python    3.10   qemu/KVM   6.1
Systemd     249                                        Postfix    3.6
NetworkMan 1.32                                        Samba     4.15
GRUB       2.06 

Nicht in meiner Versionsnummernübersicht enthalten ist FirewallD. Dennoch ist dieses Paket diesmals erwähnenswert, weil es endlich den Sprung auf die Versionsnummer 1.0 geschafft hat. Dabei haben sich einige Defaulteinstellungen geändert, die im Projektblog dokumentiert sind.

WirePlumber

Bereits mit Version 34 ist Fedora auf das Audio-System PipeWire umgestiegen (siehe auch meinen Blogartikel zu Fedora 34). Neu in Fedora 35 ist der Session-Manager WirePlumber. An der Bedienung für Endanwender ändert sich dadurch wenig (außer dass alles noch besser funktionieren sollte), aber für Entwickler bietet PipeWire eine klare Schnittstelle zur Integration und Nutzung der Audio-Funktionen. WirePlumber läuft als systemd-Dienst auf User-Ebene:

systemctl --user status wireplumber
● wireplumber.service - Multimedia Service Session Manager
     Loaded: loaded (/usr/lib/systemd/user/wireplumber.service; enabled; vendor preset: enabled)
     Active: active (running) since Wed 2021-11-03 19:13:26 CET; 34min ago
   Main PID: 1667 (wireplumber)
      Tasks: 4 (limit: 3352)
     Memory: 8.5M
        CPU: 367ms
     CGroup: /user.slice/user-1000.slice/user@1000.service/session.slice/wireplumber.service
             └─1667 /usr/bin/wireplumber

Nov 03 19:13:26 fedora systemd[1422]: Started Multimedia Service Session Manager.

Dokumentation zu WirePlumber finden Sie hier:

btrfs und Flatpak

Wenig Änderungen hat es rund um das Dateisystem btrfs gegeben. Es kommt weiterhin standardmäßig zum Einsatz, die Defaulteinstellungen haben sich aber nicht geändert (zwei Subvolumes für /home und /, aktive Komprimierung mit zstd).

Als alternatives Paketsystem favorisiert Fedora FlatPak. Standardmäßig ist aber kein einziges Programm als FlatPak installiert. Gnome Software ist FlatPak-kompatibel und zeigt entsprechende Pakete an, sofern FlatPak-Quellen eingerichtet wurden. Das kann während der Inbetriebnahme von Fedora 35 erfolgen oder direkt im Menü von Software (Menüpunkt Softwarequellen).

Quellen / Links

Ubuntu 21.10

14. Oktober 2021 um 14:11

Mit Ubuntu 21.10 »Impish Indri« hat Canonical das letzte Release vor der nächsten LTS-Version 22.04 fertiggestellt. Die wichtigsten Neuerungen lassen sich in zwei Punkten zusammenfassen: Ubuntu hat den Sprung auf Gnome 40 vollzogen (wenn auch nicht auf die aktuelle Version 41), und Firefox steht standardmäßig als Snap-Paket zur Verfügung. Das neue Installationsprogramm, an dem Canonical zur Zeit arbeitet, war noch nicht so weit gediehen, dass es für Version 21.10 zum Einsatz kommen konnte.

Ubuntu 21.10 verwendet Gnome 40 als Desktop — aber mit einem vertikalen Dock

Firefox und Snap

Leser meines Blogs wissen, dass ich kein ausgesprochener Fan der neuen Paketformate Snap und Flatpak bin. Ich verstehe natürlich den Nutzen distributions- und versionsunabhängiger Pakete, bin aber der Meinung, dass die Nachteile aufgrund des riesigen Overheads überwiegen. Unter Ubuntu 21.10 sind außer diversen Basispaketen nur der Paketmanager snap-store (das ist Canonicals Variante zu Gnome Software) sowie Firefox installiert:

snap list

Name               Version             Revision  Tracking         Herausgeber  Hinweise
bare               1.0                 5         latest/stable    canonical✓   base
core               16-2.51.7           11743     latest/stable    canonical✓   core
core20             20210928            1169      latest/stable    canonical✓   base
firefox            93.0-1              631       latest/stable/…  mozilla✓     -
gnome-3-38-2004    0+git.6ba6040       76        latest/stable/…  canonical✓   -
gtk-common-themes  0.1-59-g7bca6ae     1519      latest/stable/…  canonical✓   -
snap-store         3.38.0-66-gbd5b8f7  557       latest/stable/…  canonical✓   -

Der Platzbedarf für diese Pakete beträgt 674 MByte:

ls -lh /var/lib/snapd/snaps/

insgesamt 674M
-rw------- 1 root root 4.0K Oct 10 09:58 bare_5.snap
-rw------- 1 root root 100M Oct 10 09:58 core_11743.snap
-rw------- 1 root root  62M Oct 10 09:57 core20_1169.snap
-rw------- 1 root root 151M Oct 10 09:57 firefox_631.snap
-rw------- 1 root root 243M Oct 10 09:58 gnome-3-38-2004_76.snap
-rw------- 1 root root  66M Oct 10 09:58 gtk-common-themes_1519.snap
-rw------- 1 root root  55M Oct 10 09:58 snap-store_557.snap

Der Vorteil des Firefox-Snap-Pakets besteht darin, dass Canonical dieses Paket in Zukunft für sämtliche Versionen von Ubuntu warten kann. Ein nicht unerheblicher Nachteil besteht darin, dass der erste Start von Firefox Snap-bedingt spürbar langsamer als bisher erfolgt. (Ab dem zweiten Start ist der Unterschied kaum mehr wahrnehmbar.)

Das nächste Ärgernis ist die Verwaltung der Gnome Shell Extensions: Obwohl chrome-gnome-shell in Ubuntu standardmäßig installiert ist und ich auch die Firefox-Erweiterung Gnome Shell-Integration beim ersten Besuch von https://extensions.gnome.org/ installiert habe, kann Firefox die Extensions nicht verwalten. Meine Vermutung ist, dass das Paket chrome-gnome-shell im Ubuntu-Dateisystem für Firefox unzugänglich ist, weil dieser — Snap sei dank — ja quasi in seinem eigenen Betriebssystem läuft.

Firefox zickt bei der Darstellung der Gnome Shell Extensions

Ich bin der Sache nicht auf den Grund gegangen, weil es eine bequeme Alternative gibt: Ich habe Google Chrome installiert. Das Programm gibt es von Google als »richtiges« Paket samt eigener Paketquelle. (Es gibt in den offiziellen Ubuntu-Paketquellen übrigens noch immer ein DEB-Paket für Firefox. Dieses Paket soll aber in Version 22.04 verschwinden.)

Insgesamt stellt sich die Frage, ob Canonical mit der Snap-Entscheidung Firefox unter Ubuntu nicht endgültig den Todesstoß versetzt. Ein wenig gewinnt man in den letzten Jahren den Eindruck, Firefox entwickelt sich zu einem Programm für Idealisten.

Gnome 40

Über Gnome 40 habe ich schon genug geschrieben. Den aus meiner Sicht größte Mangel — das horizontale Dock — hat Canonical mit dem vorinstallierten Ubuntu Dock behoben. Dabei handelt es sich um eine Variante zu Dash to Dock (siehe auch Gnome 40 mit einem vertikalen Dock). Über das merkwürdige Aussehen des Papierkorb-Icons, das im Dock angezeigt wird, kann man streiten, aber davon abgesehen funktionieren sowohl Gnome 40 als auch das Dock wunderbar.

Die standardmäßig installierten Gnome Shell Extensions, dargestellt in Google Chrome

In den Systemeinstellungen kann zwischen einem hellen und einem dunklen Erscheinungsbild ausgewählt werden. Hier können Sie auch die Icon-Größe im Dock sowie dessen Position einstellen.

Gnome 40 im Dark Mode

Versionen

Basis             Desktop             Programmierung   Server
---------------   ------------------  --------------   --------------
Kernel     5.13   Gnome          40   bash       5.1   Apache     2.4
glibc      2.34   Firefox        93   docker   20.10   CUPS       2.3
X-Server   1.20   Gimp         2.10   gcc       11.2   MySQL      8.0
Wayland    1.19   LibreOffice   7.2   Java        11   OpenSSH    8.4
Mesa       21.2   Thunderbird    91   PHP        8.0   qemu/KVM   6.0
Systemd     248                       Python     3.9   Postfix    3.5
NetworkMan 1.32                                        Samba     4.13
GRUB       2.04 

Als Default-Java-Version gilt 11. Zur Auswahl stehen aber auch Java 16, 17 und sogar schon eine erste Testversion von Java 18. Der Umstieg auf PHP 8.0 ist willkommen; schade ist, dass Python 3.10 den Sprung in Ubuntu 21.10 nicht geschafft hat. (Zugegebenermaßen ist das Release gerade einmal vor 10 Tagen.)

Anmerkung

Für diesen Test habe ich Ubuntu 21.10 ausschließlich in einer virtuellen Maschine getestet. Grundsätzlich hat dabei alles wunschgemäß funktioniert. Einzig das Zusammenspiel mit Wayland hat Probleme verursacht (fallweise schwarzer Bildschirm, in Firefox kein Bild etc.). Ein neuerlicher Login mit X statt Wayland war die Lösung. Ob an den Problemen Wayland oder mein Virtualisierungssystem (KVM/QEMU) Schuld war, kann ich nicht sagen. Ähnliche Probleme hatte ich aber auch schon mit anderen Distributionen. Die Lösung hießt immer X.

Ich habe vor, mein Arbeits-Notebook nächste Woche auf Version 21.10 zu aktualisieren. Falls sich dabei neue Erkenntnisse ergeben (das ist anzunehmen), werde ich diesen Artikel noch einmal aktualisieren. Insbesondere möchte ich testen, wie gut Wayland mit den proprietären NVIDIA-Treibern harmoniert. (Die aktuelle Version der NVIDIA-Treiber ist erstmalig Wayland-kompatibel, aber zumindest laut Fedora-Berichten ist die Sache noch nicht richtig stabil.)

Praktische Erfahrungen (Update 4.11.2021)

Mittlerweile habe ich mein Notebook mit do-release-upgrade aktualisiert. Prinzipiell funktioniert das meiste. Anmerkungen:

  • Firefox (Snap) lässt sich bei mir nicht starten, weil ich — zugegebenermaßen non standard — eine eigene verschlüsselte Partition verwende, in dem sich mein Home-Verzeichnis befindet (daher der Pfad /crypt/home/kofler). Snap ist damit schon seit vielen Jahren überfordert (siehe hier). Diese Einschränkung lässt sich zur Not mit bind-Mounts umgehen. Wenig kundenfreundlich ist der Umstand, dass beim Start von Firefox auf dem Desktop nicht einmal eine Fehlermeldung erscheint. Klarheit schafft erst ein Start in einem Terminal. Na ja, für mich heißt die Lösung sudo snap remove firefox.
  • do-release-upgrade deaktiviert alle nicht-offiziellen Paketquellen. Dieses Verhalten ist zwar nicht neu, die manuelle Reaktivierung wird aber bei immer mehr eigenen Paketquellen für Chrome, Syncthing, Teams, VSCode usw. zunehmend mühsam.

  • Die neue Gnome-Version (na ja, so neu ist Version 40 gar nicht …) ist, wie üblich, zu einigen der von mir genutzten Shell Extensions inkompatibel. Das ist nicht immer ernst zu nehmen. In zwei Fällen hat es gereicht, in die Datei .local/share/gnome-shell/extensions/<extension-name>/metadata.json einfach eine neue Versionsnummer hinzuzufügen, also z.B. "40.0".

  • Die automatische Monitorabschaltung nach ein paar Minuten ohne Aktivität funktioniert nur noch sporadisch. Wenn ich den Rechner explizit in den Ruhemodus befördere, funktioniert aber alles, wie es soll (inklusive des Wiederaufwachens).

Fazit

Ich habe in den letzten Jahren Ubuntu als Standarddistribution auf meinem wichtigsten Arbeitsrechner verwendet (einem Lenovo-Notebook). Ja, ich habe mehr Rechner und noch viel mehr virtuelle Maschinen, auf denen ein buntes Sammelsurium von Distributionen läuft. Aber grundsätzlich hat sich Ubuntu in den letzten Jahren für mich gut bewährt; es läuft stabil, ich hatte selten ernsthafte Probleme (auch nicht mit Versionen außerhalb des LTS-Zyklus), selbst Microsoft Teams läuft (das brauche ich gelegentlich beruflich) und bin eigentlich zufrieden mit dem, was ich habe. Ganz pragmatisch: Es hat durchaus Vorteile, mit dem Linux-Mainstream mitzuschwimmen.

Bei Snap endet meine Liebe zu Ubuntu aber. Bisher war mein Ansatz, Snap samt allen dort mitgelieferten Paketen einfach zu deinstallieren. Noch ist das möglich: Ich kann Firefox durch ein APT-Paket oder gleich durch Google Chrome ersetzen, und statt dem snap-store verwende ich sowieso apt. Sollte ein Snap-freier Betrieb von Ubuntu irgendwann nicht mehr möglich sein, dann wird es mir sicher gelingen, mich mit einer anderen Linux-Distribution anzufreunden :-)

Quellen / Links / Andere Tests

📚 Linux (17. Aufl.) erschienen

30. September 2021 um 13:12

Soeben ist mein Linux-Buch in der (unglaublich!) 17. Auflage beim Rheinwerk-Verlag erschienen!

Wie üblich habe ich das Buch im Sommer komplett aktualisiert, d.h., der gesamte Text wurde an die bis August 2021 verfügbaren Distributionen und Software-Versionen angepasst. Die folgende Liste nennt in Stichpunkten weitere Neuerungen:

  • Distributionen: AlmaLinux, Manjaro Linux, Oracle Linux, Rocky Linux
  • Desktop-Nutzung: Gnome 40, draw.io, Visual Studio Code
  • Shell: zsh als zunehmend attraktive bash-Alternative
  • Let’s Encrypt: Zertifikate mit acme.sh einrichten
  • SSH: Zweifaktorauthentifizierung (2FA) mit Google Authenticator und YubiKey
  • Firewalls: von iptables zu nft
  • Docker: Container ohne root-Rechte, Podman
  • Linux unter Windows: WSL2 und WLSg

Noch mehr Details zum Buch finden Sie hier.

 

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